CDU und soziale Medien:Die Rezo-Reaktion

CDU-Parteizentrale

Im zweiten Stock des Konrad-Adenauer-Hauses in Berlin soll jetzt ein Newsroom geschaffen werden.

(Foto: Kay Nietfeld/dpa)
  • Die CDU war überfordert, als der Youtuber Rezo im Mai ein kritisches Video über die Partei veröffentlichte.
  • Generalsekretär Paul Ziemiak zieht jetzt die Lehren daraus. Er ändert die Arbeitsabläufe in der CDU-Zentrale.
  • Unter anderem soll ein "Krisenradar" geschaffen und ein Newsroom eingerichtet werden.

Von Robert Roßmann, Berlin

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass es um die Reaktionsfähigkeit der CDU in den sozialen Medien nicht sonderlich gut bestellt ist, dann hat ihn die Partei im Umgang mit Rezo erbracht. Als der Youtuber im Mai sein Video "Die Zerstörung der CDU" veröffentlichte, benötigte die Partei mehrere Tage, bis sie sich auf eine Reaktion verständigt hatte. Und diese Reaktion fiel dann auch noch dürftig aus: Die CDU stellte lediglich eine elf Seiten lange "Offene Antwort an Rezo" ins Netz. Zu diesem Zeitpunkt hatten schon mehr als fünf Millionen User das Video des Youtubers aufgerufen - und sich ihre Meinung gebildet.

So etwas soll der CDU nicht noch einmal passieren. Auch deshalb will Generalsekretär Paul Ziemiak jetzt die Arbeitsabläufe in der Parteizentrale verändern. Unter anderem soll im zweiten Stock des Konrad-Adenauer-Hauses ein "Newsroom" eingerichtet werden. Das Konzept sieht aber auch deutliche Änderungen für die Arbeit der CDU-Kreisgeschäftsstellen im ganzen Land vor.

Ziemiak sagte am Montag nach der Sitzung der CDU-Spitze, der Bundesvorstand habe sich "auch mit der Frage der Kommunikation beschäftigt: Wie kann die CDU noch besser kommunizieren? Wie können wir vor allem online besser auftreten?" Zuvor hatte der Generalsekretär den Parteigranden sein Konzept "Neu.Start." vorgestellt. 54 Seiten war die Präsentation lang, sie liegt der Süddeutschen Zeitung vor.

Darin spart Ziemiak nicht mit Kritik am Zustand der CDU. An einer Stelle heißt es etwa: "Deshalb waren wir: langsam, dialogunfähig, nicht zielgruppengerecht (= uneffektiv)." Im Fall des "Zerstörung der CDU"-Videos seien ausweislich einer Erhebung zunächst nur rund 23 Prozent aller Reaktionen im Netz "pro Rezo" gewesen, zehn "pro CDU" - rund 68 Prozent aber unentschlossen. Diese Gruppe gelte es in Zukunft anzusprechen und zu überzeugen.

Ziemiak will deshalb die "Krisenkommunikation" seiner Partei verbessern. Dazu soll ein "Krisenradar" eingerichtet werden, um rund um die Uhr zu "sehen, wenn sich etwas zusammenbraut". Dafür sieht das Konzept "Alerts" in drei Stufen vor: "Beobachten, Vorbereiten, Eingreifen". Außerdem soll es ein "Reporting" zu den Fragen geben: "Worüber debattiert das Netz? Worüber unsere Wähler? Wo spielen wir eine Rolle?"

"Kommunikationskonferenz mit integriertem Digital Bootcamp"

Ziemiak will zudem ein "Krisenhandbuch" für die Mitarbeiter der CDU-Zentrale erstellen lassen. In einer abgespeckten Variante soll es auch den Landesverbänden zur Verfügung gestellt werden, damit diese ebenfalls professioneller reagieren können. Außerdem will der Generalsekretär in der bisher vor allem auf Sicherheit bedachten CDU-Zentrale bei der Kommunikation die Zahl der sogenannten Freigabeschleifen reduzieren, die durchlaufen werden müssen - angeblich sind das derzeit bis zu 13. In dem Konzept wird jedenfalls beklagt, dass es derzeit "zu viele Abnahme-Schleifen" gebe.

Um "mehr Schnelligkeit und Agilität" tatsächlich zu erreichen, soll bis Ende des Jahres der Newsroom eingerichtet werden. An ihm werde dann "ein Team von etwa einem Dutzend Mitarbeitern" tätig sein, heißt es in der CDU-Zentrale. Dabei handele es sich jedoch um die Zahl aller Kollegen, die dort eingesetzt werden - gleichzeitig werde immer nur ein Teil von ihnen im Newsroom sein. Laut Konzept sollen die Mitarbeiter "cross-medial einheitlich und umfassend kommunizieren - zielgruppenspezifisch, kanalgerecht und zweckbestimmt".

Um auch außerhalb der CDU-Zentrale besser zu werden, soll es demnächst zusätzlich eine "Kommunikationskonferenz mit integriertem Digital Bootcamp" geben, zu der die hauptamtlichen "Kommunikatoren der Landesverbände und Bundesvereinigungen", aber auch "ehrenamtliche Multiplikatoren" eingeladen werden.

Der CDU-Generalsekretär hat sich in den vergangenen Monaten aber nicht nur mit der Organisation der Bundesgeschäftsstelle auseinandergesetzt - er hat auch die Arbeit der Kreisgeschäftsstellen analysieren lassen. Dabei kam heraus, dass sich diese nur zu zehn Prozent mit "politischer Arbeit" befassen, zu 90 Prozent aber mit Verwaltungstätigkeiten. Um den Christdemokraten an der Basis wieder mehr Luft für Politik zu geben, will Ziemiak jetzt die digitalen Möglichkeiten besser nutzen und die Verwaltungstätigkeiten zentralisieren.

Laut seinem Konzept soll es dabei um die Pflege der Mitgliederdaten, sowie die Beitrags- und Spendenverwaltung in der Zentralen Mitgliederdatei gehen - aber etwa auch um die Finanzbuchhaltung, die Vorbereitung der Rechenschaftsberichte oder den Versand von Newslettern. Dabei soll die Union Betriebs-GmbH (UBG) helfen. Die UBG ist ein mittelständisches Unternehmen mit Standort Rheinbach in Nordrhein-Westfalen. Laut seiner Homepage versteht es sich als "Full-Service-Dienstleistungscenter rund um die Bereiche IT-Services, WEB-Hosting, Druckerei, Verlag sowie IT-Sicherheit und Datenschutz". Die UBG ist eine 100-prozentige Tochterfirma der CDU Deutschland.

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