Nach Eskalation der Gewalt:Sudans Militär kündigt baldige Neuwahlen an

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Seit Monaten gibt es im Sudan Demonstrationen für mehr Demokratie. (Foto: AP)
  • Vor der Ankündigung hatten Sicherheitskräfte gewaltsam ein Protestcamp von prodemokratischen Aktivisten in der Hauptstadt Khartum geräumt.
  • Nach Angaben von Demonstranten kamen mindestens 35 Menschen ums Leben.
  • Der Chef des Militärrats kündigte Untersuchungen an - gab den Protestlern aber zugleich eine Mitschuld an der Eskalation.

Der regierende Militärrat im Sudan will binnen sieben Monaten Neuwahlen ansetzen. Die Wahlen würden unter internationaler Beobachtung stehen, kündigte der Chef des Rats, General Abdel Fattah al-Burhan, an. Sein Gremium werde zudem zur Vorbereitung auf die Abstimmung eine Interimsregierung bilden. Vor der Ankündigung hatten Sicherheitskräfte gewaltsam ein Protestcamp von prodemokratischen Aktivisten in der Hauptstadt Khartum geräumt. Mindestens 35 Menschen kamen nach Angaben von Demonstranten ums Leben, Hunderte weitere wurden verletzt.

Burhan erklärte, die Militärführung werde Untersuchungen zu der Gewalt einleiten. Die Protestbewegung trage für das Blutvergießen jedoch eine Mitverantwortung. Dem Oppositionsbündnis Deklaration für Freiheit und Wandel warf Burhan zudem vor, bei Verhandlungen "andere politische und Sicherheitskräfte" aus einer Übergangsregierung ausschließen zu wollen.

Die Demonstranten campierten seit Monaten vor dem Hauptsitz der Streitkräfte in Khartum. Zugleich verhandelten sie mit der Militärregierung über die Frage, wer das Land nach dem Sturz des langjährigen Herrschers Omar al-Baschir regieren sollte. Sie waren nach al-Baschirs Abgang im April auf den Straßen geblieben, um die Generäle unter Druck zu setzen, die an dessen Stelle getreten waren.

Sicherheitskräfte sollen Feuer auf Demonstranten eröffnet haben

Sicherheitskräfte brachten am Montag das Protestlager unter ihre Kontrolle, vertrieben Demonstranten und riegelten die Gegend ab. Zeugen und Anführer der Demonstranten berichteten, Sicherheitskräfte hätten das Feuer eröffnet und Zelte in Brand gesetzt. Videos zeigten, wie Zivilisten durch die Straßen rannten; Schüsse waren zu hören, Rauch stieg auf.

Ähnliche Sitzblockaden in zwei anderen Städten seien ebenfalls angegriffen worden, sagten Aktivisten. Die Demonstranten kündigten an, die Verhandlungen mit dem Militär über eine Übergangsregierung auszusetzen.

International wird das Vorgehen beobachtet. Deutschland und Großbritannien forderten den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, den tödlichen Angriff zu untersuchen. Die beiden Sicherheitsratsmitglieder ersuchten am Dienstag um ein Treffen hinter verschlossenen Türen. UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte die "Anwendung exzessiver Gewalt gegen Zivilisten", wie sein Sprecher Stéphane Dujarric mitteilte.

Auch die US-Botschaft forderte ein Ende der Angriffe. Die Bundesregierung und Vertreter anderer Länder sowie die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, und Amnesty International kritisierten das Vorgehen.

Der Militärrat machte "Kriminelle" für die Eskalation verantwortlich, die auf der Flucht vor Sicherheitskräften Schutz unter den Demonstranten gesucht hätten. Der Einsatz habe eigentlich einem Gebiet in der Nähe der Sitzblockade gegolten. Der Militärrat rief die Führung der Protestbewegung auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren "um die gewünschte Transformation zu erreichen".

Die führende Oppositionspartei forderte Menschen auf, andere Sitzblockaden landesweit einzurichten.

© SZ.de/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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