Nach den Wahlen:Pinball-Reise durch Trumpland

Christoph Bieber und Klaus Kamps haben sich die Vereinigten Staaten nach der Niederlage der Demokraten angesehen und liefern ein Politik-Panoptikum ohne These und ohne große Struktur.

Von Viola Schenz

Das Problem mit Donald Trump ist, dass man ihn nicht ignorieren kann. Sein Amt ist zu bedeutend, sein Auftreten zu bizarr - beides zusammen bildet ein Faszinosum, dem man sich hingeben muss, egal wie man zum 45. Präsidenten der USA steht. Daher gerät seit seiner Wahl jede Aussagevon Trump, jede Amtshandlung zum Politikum, wurde so oft kommentiert, analysiert, persifliert und retwittert, bis es auch der hinterste Erdenbewohner mitkriegt.

Das ist auch das Problem des vorliegenden Buchs. "Nach Obama" zeichnet, wie der Name andeutet, vor allem die Geschehnisse seit Trumps Wahl nach. Die Frage ist, ob sie nicht allzu bekannt und präsent sind, ob man sie auch noch zwischen zwei Buchdeckeln braucht. Christoph Bieber ist Professor für Ethik in Politikmanagement und Gesellschaft an der NRW School of Governance der Universität Duisburg- Essen, Klaus Kamps Professor für Kommunikationswissenschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Beide Autoren liefern eine solide Bestandsaufnahme der zurückliegenden Monate. Wer die in sämtlichen Medien rauf- und runtergegeigten Ereignisse in und um das Weiße Haus noch mal nachlesen möchte, ist mit dem Buch gut bedient.

Solche Frühwerke holt schnell der Gang der Dinge ein

Das andere Problem: Mit einem Präsidenten, der schon mittags verwirft, was er frühmorgens in die Welt twitterte, kann eine solche Publikation gar nicht mithalten. Ums Aufräumen und Verewigen der Fauxpas im politischen Washington kümmern sich bereits Amerikas Late-Night-Komiker. Allein Trumps Sprecher Sean Spicer hatte beim Erscheinen des Buchs Anfang April erst einen Teil seines Peinlichkeitsrepertoires ausgepackt. Das ist das Dilemma mit neuen Regierungen: Verlage wollen natürlich sofort und vor der Konkurrenz mit einer Analyse auf dem Markt sein, aber solche Frühwerke holt schnell der Gang der Dinge ein. Und so reichte hier die Zeit offensichtlich auch nicht, die 210 Seiten mit einer These zu unterfüttern. An ihre Stelle tritt eine Erläuterung des politischen Systems der USA, des American Dream, der Defizite des Wahlsystems und etlichem Anderen. All das ist x-fach durchexerziert und füllt Bibliotheken. Was außerdem fehlt, ist eine inhaltliche Struktur, "Nach Obama" gleicht einer Pinball-Reise durch Amerikas jüngste Geschichte. Die Kapitel hüpfen zwischen Tea-Party-Bewegung und Occupy Wall Street, zwischen Guantanamo und Obamas Reden in Chicago, es gibt Verweise auf George W. Bush, Absätze über Hillary Clintons Kandidatur, die Regulierungsbehörde für den Rundfunk, die Grundsätze der New York Times, und ja, tatsächlich, ja, es gibt sogar das vergilbte "vom Tellerwäscher zum Millionär". Nur einen Zusammenhang zwischen all dem, den gibt es nicht.

Christoph Bieber, Klaus Kamps: Nach Obama: Amerika auf der Suche nach den Vereinigten Staaten. Campus-Verlag Frankfurt 2017, 224 Seiten, 22 Euro. E-Book: 19,99 Euro.

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