Mit Bewunderung und zum Teil Neid schauen die Araber anderer Länder auf Ägypten, während ihre Regierungen es bestenfalls bei guten Wünschen bewenden lassen. Nur in Algerien und dem Jemen kam es am Wochenende zu Demonstrationen von Regimegegnern, die erfolglos versuchten, nach dem Vorbild von Kairo breite Protestbewegungen zu entfachen. Arabische Diplomatenkreise in Paris sehen als eine der gravierendsten Folgen des Sturzes von Hosni Mubarak voraus, dass Ägypten auf unabsehbare Zeit als gestaltende Macht der Nahost-Politik ausfalle. Dadurch werde der bereits jetzt wachsende Einfluss der nichtarabischen Länder Türkei und Iran in der Region weiter zunehmen.
Trotz Verbot versammelte sich in Algier am Samstag auf dem Platz des 1. Mai eine Menge, deren Stärke nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen einigen hundert und zweitausend betrug. Ihr geplanter Marsch zum vier Kilometer entfernten Märtyrer-Platz wurde von einem gewaltigen Polizei-Aufgebot unterbunden. Mehrere hundert Teilnehmer wurden zeitweilig festgenommen. Zur Kundgebung hatte die Nationale Koordination für Veränderung und Demokratie CNCD aufgerufen, die als Dach-Organisation der Proteste nach den Preisrevolten von Anfang Januar gegründet wurde. Die CNCD fordert den Rücktritt von Präsident Abdelaziz Bouteflika und die Aufhebung des Ausnahmezustands.
Unter den Demonstranten waren der Chef der laizistischen Berber-Partei RCD, Said Sadi, und Ali Belhadsch, einer der beiden Anführer der verbotenen Islamischen Rettungsfront FIS. Der 90-jährige Ehrenpräsident der Menschenrechtsliga, Ali Yahia Abdennour, wurde geschlagen. Auf einen Protestierenden kamen mindestens zehn Polizisten, die mit Stöcken vorgingen. Das algerische Regime hat die Mittel, Entwicklungen wie in Tunis oder Kairo im Keim zu ersticken. Die Armee hätte nach ihren Erfahrungen im Bürgerkrieg der neunziger Jahre auch wenig Hemmungen, gegen das Volk vorzugehen.