Nach dem Tod von Präsident Kaczynski:Makabre Geschäfte

Gerade erst sind die Leichen Lech Kaczynskis und seiner Frau in Polen eingetroffen, schon versuchen abgebrühte Geschäftsleute, aus der Trauer über den Tod des Präsidenten Kapital zu schlagen.

Corinna Nohn

Viele Deutsche beobachten mitfühlend und ein wenig erstaunt, mit welcher Anteilnahme die Polen ihres verstorbenen Präsidenten gedenken. Immer noch zünden Trauernde Kerzen an und legen frische Blumen vor dem Warschauer Präsidentenpalast und auf den öffentlichen Plätzen im Land aus.

Gleichzeitig versuchen abgebrühte Geschäftsleute bereits, aus dem Tod Lech Kaczynskis und der anderen verunglückten Passagiere Kapital zu schlagen.

Geradezu skrupellos mutet ein Fall an, von dem Polens größte Tageszeitung Gazeta Wyborcza und das Internetforum internauci.pl berichten. So bieten einerseits viele öffentliche Einrichtungen und seriöse Medien die Möglichkeit, den Angehörigen zu kondolieren - direkt auf den Homepages, per SMS oder E-Mail kann jeder seiner Betroffenheit mit einigen Sätzen Ausdruck verleihen.

Doch mindestens ein Internetanbieter hat versucht, über diesen Weg schlicht Geld zu verdienen. "Wenn Du möchtest, dass Deine Beileidsbekundung im Historischen Kondolenzbuch abgedruckt wird, schicke eine SMS mit dem Inhalt AP.smierc ..." - mit dieser Aufforderung soll sich der Anbieter bereits kurz nach dem Flugzeugabsturz an die erschütterten Polen gewandt haben.

Im Gegenzug versprach die Seite, die Kondolenz in einem Buch abzudrucken, das täglich auf dem Platz vor dem Präsidentenpalast in Warschau ausgelegt werden sollte. Für diesen Service habe der Betreiber der - mittlerweile nicht mehr zugänglichen - Internetseite zlokondolencje.pl ("goldene Kondolenz) 30,50 Zloty berechnet.

Das sind umgerechnet knapp acht Euro, in Polen ein stolzer Preis.

Allerdings sitzt der Anbieter laut Gazeta Wyborcza auf den Komoren, einem Inselstaat im Indischen Ozean - höchst unwahrscheinlich also, dass die Initiatoren die Möglichkeit haben, ein solches Buch täglich auszudrucken und in Warschau auszulegen.

Lesen Sie auf Seite 2, wie andere versuchen, die Trauer der Polen auszunutzen.

T-Shirts mit dem Datum des Unglücks

Das sei eine "unzulässige Geschäftemacherei mit dem Unglück und auf Kosten der Gefühle der Polen", zitiert die Zeitung Anna Strezynska, die Vorsitzende des Amts für Elektronische Kommunikation, das für die Regulierung des Telekommunikations- und Postwesens zuständig ist. Allerdings stellte die Netzexpertin fest, dass ihr Amt keine Handhabe gegen solche Betreiber habe.

Der Urheber der Seite ist wohl nicht der Einzige, der mit der Bestürzung der Polen Geld machen möchte. So schildert die Internetausgabe der polnischen Zeitung Dziennik, die Krakauer Stadtpolizei habe zwei Studenten festgenommen, die Fußgängern Fotos des verstorbenen Lech Kaczynski angeboten hätten - versehen mit Hinweisen, die auf karitative Ziele in Verbindung mit den anstehenden Feierlichkeiten zum Begräbnis des Präsidenten hindeuteten.

Und die Gazeta Wyborcza berichtet zudem von Domainnamen wie "KatynBis.pl", kurz für Katyn Business, die auf dem Internetportal allegro.pl versteigert worden seien - beworben mit einem Schwarzweißbild des verstorbenen Präsidenten.

Nur wenige Stunden nach dem Unglück in Smolensk habe ein anderer Geschäftsmann auf dem Internetportal zudem T-Shirts mit der Aufschrift "Lach Kaczynski 10.04.2010" feilgeboten: schwarz, auf der Brust eine weiß-rote Flagge, aus der ein paar rote Tropfen rinnen.

Der Verkäufer habe das wenig ästhetisch anmutende Kleidungsstück mit den Worten beworben: "Diese Tragödie übersteigt unsere Vorstellungskraft. Sowohl Anhänger als auch Gegner vereinen sich in dieser Tragödie, die ganz Polen berührt, deshalb die polnische Flagge."

Die Produkte sind mittlerweile aus dem Angebot von allegro.pl verschwunden, es ist nicht nachvollziehbar, ob sich Käufer gefunden haben. Es werden nicht die letzten Beispiele dafür sein, wie zum Teil skrupellose Geschäftsleute aus der Tragödie Gewinn ziehen möchten.

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