Nach dem Tod von Jürgen Rieger:Gerangel ums Vermächtnis

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Haben Rechtsextremisten wichtige Dokumente beiseitegeschafft? Nach dem Tod von Jürgen Rieger fehlen Akten, die Klärung in seine Immobiliengeschäfte bringen könnten.

Nach dem Tod des Rechtsextremisten Jürgen Rieger (NPD) sind Berichten zufolge Akten über eine Stiftung verschwunden, die wichtige Informationen über dessen Immobiliengeflecht enthalten. Nach Angaben von NDR Info sollen Rechtsextremisten in Riegers Hamburger Villa Akten der sogenannten Wilhelm-Tietjen-Stiftung abgeholt haben. Die Stiftung hat ihren Sitz in London. Inhaber war der frühere NPD-Vize Rieger. Er starb vor eineinhalb Wochen nach einem Schlaganfall.

Finanzstarker NPD-Gönner: Seit dem Tod von Jürgen Rieger ist die rechte Szene in Aufruhr. (Foto: Foto: AP)

Die Firma sei in deutschen Grundbüchern als Eigentümerin diverser Rieger-Immobilien eingetragen, hieß es. Dazu gehörten der Heisenhof im niedersächsischen Landkreis Verden und der Schützenhof im thüringischen Pößneck.

Ohne die Dokumente der Tietjen-Stiftung stünden die Behörden vor erheblichen Problemen, die verworrene Eigentumslage der Rieger-Grundstücke zu klären und damit dem Einflussbereich der rechten Szene endgültig zu entziehen, berichtete der NDR. In einem Gastbeitrag für den Weserkurier schrieb der als Kenner der rechtsextremen Szene geltende NDR-Redakteur Stefan Schölermann zudem, dass die Akten als Schlüsseldokument für alle weiteren juristischen Auseinandersetzungen um die Stiftung gelten würden.

Die Stiftung ist im Jahr 2001 von Rieger gegründet worden. Das Kapital stamme aus der Hinterlassenschaft des Bremer Altnazis Wilhelm Tietjen. Das einstige NSDAP-Mitglied soll Rieger über eine Million Euro vermacht haben, unter der Bedingung, dass dieser damit Fruchtbarschaftsforschung betreiben solle.

NPD droht neuer Spendenskandal

Unterdessen war am Wochenende bekanntgeworden, dass die NPD jahrelang Spenden frisiert und sich Zuschüsse aus der Staatskasse erschlichen haben soll. Die Staatsanwaltschaft Münster ermittelt wegen Verstößen gegen das Parteiengesetz und Untreue, wie Behördensprecher Wolfgang Schweer sagte.

Er bestätigte zugleich einen Bericht des Spiegels, wonach sich die Summe der Fehlbeträge zwischen 2002 und 2006 auf 870.154 Euro beläuft. So habe sich die NPD 270.000 Euro erschlichen. Hintergrund ist eine Regelung, nach der Parteien für jeden gespendeten Euro einen Zuschuss des Staates bekommen. Laut Spiegel droht der NPD nun die Rückzahlung der Zuschüsse und eine Strafe in doppelter Höhe des Fehlbetrages, also mehr als 1,7 Millionen Euro. Auch die Bundestagsverwaltung prüft den Vorgang.

Die NPD hat inzwischen auf ihrer Webseite eine Stellungnahme ihres Schatzmeisters Ulrich Eigenfeld veröffentlicht, in der er die Vorwürfe als "Phantasie" zurückweist. Demnach beziehe sich die Berichterstattung auf den Abschlussbericht des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen zu den Ermittlungen gegen den früheren NPD-Schatzmeister Erwin Kemna.

Die Staatsanwälte stießen im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den früheren Schatzmeister Erwin Kemna auf die Unregelmäßigkeiten. Er wurde wegen der Veruntreuung von Parteigeldern im vergangenen Jahr zu zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt. Kemna hatte eingeräumt, mehr als 700.000 Euro von Konten der NPD auf Privatkonten abgezweigt zu haben, um sein vor der Pleite stehendes Küchenstudio zu retten.

Im Mai war die NPD vom Verwaltungsgericht Berlin wegen eines fehlerhaften Rechenschaftsberichtes zu einer Strafe von 1,27 Millionen Euro verurteilt worden.

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