Süddeutsche Zeitung

Nach dem Störfall in Schweden:Deutsche Reaktoren sollen überprüft werden

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Das Umweltministerium will so schnell wie möglich klären, ob die sicherheitstechnischen Mängel wie im schwedischen Kraftwerk Forsmark auch in deutschen Atomkraftwerken auftreten können.

Das Bundesumweltministerium prüft Konsequenzen aus dem Störfall im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark für die deutschen Atommeiler.

"Bei dem Ausfall der elektrischen Versorgungen im Atomkraftwerk Forsmark handelt es sich um ein sicherheitstechnisch ernstes Ereignis", hieß es in einer Mitteilung.

Das Umweltministerium ermittelte zurzeit den genauen Sachverhalt und "wird so schnell wie möglich klären, ob die zu Grunde liegenden sicherheitstechnischen Mängel auch in deutschen Atomkraftwerken vorliegen können". In Schweden wurden nach einem Störfall vom 26. Juli in dem Kernkraftwerk Forsmark-1 vier der zehn Atomreaktoren abgeschaltet, um die Sicherheitssysteme zu überprüfen.

Nach Angaben der Organisation Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg hatte es einen Kurzschluss außerhalb des Kraftwerks gegeben, was zur Trennung des Werks vom Stromnetz geführt habe. Danach seien zwei der vier Notstrom-Dieselaggregate nicht automatisch angesprungen. Es sei nur deshalb nicht zu einer Katastrophe gekommen, weil die Reaktorschnellabschaltung und Teile des Kühlnotsystems funktioniert hätten.

In Deutschland forderte Greenpeace als Reaktion auf den schwedischen Störfall eine Überprüfung der Notstromversorgung für deutsche Atomkraftwerke. Ein früherer SKI-Direktor habe selbst davon gesprochen, dass es "nur mit purem Glück nicht zu einer Kernschmelze" gekommen sei, erklärte Heinz Smital, Atomexperte bei Greenpeace: "Das Atomkraftwerk ist durch den Störfall fast zwanzig Minuten lang im Geisterbetrieb gefahren, bis die Belegschaft den Betrieb des Kraftwerks manuell wieder in den Griff bekam."

Herstellerfirmen wüssten schon lange von Konstruktionsschwäche

Der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Hans-Josef Fell, forderte von der Bundesregierung sofortige Aufklärung über den schweren Zwischenfall im Atomkraftwerk Forsmark. "Eine Kernschmelze hätte katastrophale Konsequenzen für ganz Nord- und Mitteleuropa haben können",erklärte Fell. Er wollte darüber hinaus wissen, warum das Bundesumweltministerium die deutsche Öffentlichkeit nicht offiziell über die Vorkommnisse informiert habe.

Die umweltpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Eva Bulling-Schröter, erklärte, nach Medienberichten habe die Herstellerfirma der Generatoren des schwedischen Atomreaktors bereits seit den Neunzigerjahren von der "Konstruktionsschwäche" gewusst und dieses Wissen nicht beziehungsweise erst nach einem Zwischenfall in einem deutschen Atomkraftwerk weitergeben. "Dies lässt sehr an der Glaubwürdigkeit der Herstellerfirmen zweifeln", erklärte Bulling-Schröter.

Nach den jüngsten Abschaltungen sind in Schweden derzeit nur noch fünf von insgesamt zehn Atomreaktoren im Betrieb. Ein weiterer Reaktor in Forsmark sowie einer in Ringhals wurden zwecks jährlicher Wartungsarbeiten schon früher abgeschaltet. Die schwedische Energiebehörde betonte jedoch, dass die Stromversorgung im Land weitgehend gesichert sei, da man in den Sommermonaten auf Wasserkraft zurückgreifen könne.

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dpa
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