Kurz vor Mitternacht dringt die seit Stunden erwartete Nachricht nach außen: Nein, es klappt nicht. Die Grünen wollen keine Koalitionsgespräche mit der Union führen. Die Türen der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin sind da noch geschlossen. Sechs Stunden haben die Unterhändler beider Parteien in ihrer zweiten Sondierungsrunde miteinander geredet. Dann beraten sich beide getrennt, um anschließend noch einmal zusammenzukommen. Erst dann: der Auftritt vor der Presse. Und der ist dann doch überraschend.
"Außerordentlich sachlich", klar und "neugierig" sei die Atmosphäre gewesen, berichtet Grünen-Parteichefin Claudia Roth. "Schöne Gespräche" hätten Union und Grüne geführt, "geprägt vom Verstehen der anderen Seite". Ihr Ko-Parteichef Cem Özdemir lobt den "kulturellen Fortschritt" der Union. Künftig gelte es, eine "sehr breite Verständigung" über Fraktionsgrenzen hinweg zu finden. Etwa beim Staatsbürgerschaftsrecht, da müsse man mit "breiten Mehrheiten" arbeiten, so Özdemir.
Stirnrunzeln bei den Journalisten: Moment mal, wo ist denn da die Absage? Es ist spät, 0:45 Uhr in der Nacht, manch einer traut seinen Ohren nicht mehr. Kommt Schwarz-Grün etwa doch?
Die Botschaft geht beinahe unter
Nein, Roth und Özdemir sagen tatsächlich ab. Aber mit so vielen Worten des Bedauerns, dass diese Botschaft beinahe untergeht. Sie seien zu dem Ergebnis gekommen, "dass wir unserem Parteitag nicht die Aufnahme von Regierungsverhandlungen empfehlen können". Eine "belastbare Grundlage für vier Regierungsjahre" sei "so nicht gegeben". Özdemir spricht von einem "ernsthaften Bemühen, Brücken zu bauen". Diese Brücken seien aber nicht belastbar genug, "dass sie vier Jahre halten können". Viel vorsichtiger hätte man das nicht ausdrücken können.
Zwar habe es in der Gesellschaftspolitik Bewegung der Union gegeben, "das hat uns gefreut", sagt Roth. Beim transatlantischen Verhältnis, bei der Beziehung zu Israel, bei der Stärkung der Vereinten Nationen habe es "viele Gemeinsamkeiten gegeben". Özdemir lobt, die Union habe sich in der Agrarpolitik bewegt: Massentierhaltung sei ihr nicht mehr geheuer.