Nach Debatte um Pofalla:Regierung plant nun doch Gesetz zu Karenzzeit

Der mögliche Wechsel von Ronald Pofalla in den Vorstand der Deutschen Bahn könnte zu einer Gesetzesreform führen. Die Regierung will nun rasch regeln, wie zeitnah scheidende Politiker in die Wirtschaft wechseln dürfen. Unterdessen wird bekannt, dass Pofalla sich 30 Mal mit Bahnchef Grube traf.

Die Regelung von Übergangszeiten beim Wechsel von Politikern in die Wirtschaft soll nun doch auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden. Nach Angaben aus Fraktionskreisen kann dies noch im Februar geschehen. Die Details der Regelung sollen demnach der Bundesregierung überlassen werden, der Bundestag soll die Bundesregierung dazu aber per Gesetz ermächtigen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte der Berliner Zeitung, es sei grundsätzlich Sache der Regierung, die Details von Karenzzeiten für ihre Mitglieder bei einem Wechsel in die Wirtschaft selbst zu regeln. "Das ist Ausdruck des Respekts des Parlaments vor dem Verfassungsorgan Bundesregierung." Geplant ist die Regelung nur für scheidende Regierungsmitglieder, nicht für Parlamentarier.

Oppermann für Übergangszeit von zwölf Monaten

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte: "Die Fraktionen erwarten, dass sich das Kabinett schnell über die Regeln für einen Seitenwechsel verständigt. Dazu gehört auch eine Karenzzeit." In der Rheinischen Post plädierte er für eine Übergangszeit von zwölf Monaten als Kompromiss zwischen den Forderungen von Union und SPD. In Einzelfällen müsse man "zu differenzierten Lösungen kommen", sagte Oppermann. Als Beispiel nannte er, wenn auf Wunsch der Regierung ein Finanzstaatssekretär zur Europäischen Zentralbank (EZB) wechsele.

Zuvor hatte die Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Plänen einer gesetzlichen Regelung berichtet. Nachdem sich die Fraktionsführungen von Union und SPD zunächst darauf verständigt hätten, es reiche ein einfacher Beschluss des Bundeskabinetts zur "Selbstbindung" seiner Mitglieder aus, seien Juristen der Koalition zu einer anderen Auffassung gelangt. Das Grundgesetz schreibt in Artikel 12 Absatz 1 vor, "Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden." Die Juristen verwiesen dem Bericht zufolge darauf, dass Ausnahmen von der Freiheit der Berufswahl durch ein Gesetz geregelt werden müssten, auf dessen Grundlage spezielle Verordnungen für Parlamentarier erlassen werden können.

In der Bundestagsdebatte zum Thema hatten Sprecher der Koalition eine Gesetzesänderung am Donnerstag noch abgelehnt. Sie verteidigten den Plan von Schwarz-Rot, dass sich das Kabinett selbst Regeln für solche Fälle geben solle. Die Diskussion um eine Karenzzeit war durch den möglichen Wechsel des früheren Kanzleramtschefs Ronald Pofalla (CDU) in den Vorstand der Deutschen Bahn aufgeflammt.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann mahnte am Freitag eine rasche Regelung der Regierung für Wechsel von der Politik in die Wirtschaft an. "Die Fraktionen erwarten, dass sich das Kabinett schnell über die Regeln für einen Seitenwechsel verständigt. Dazu gehört auch eine Karenzzeit", sagte Oppermann der Rheinischen Post. "Wir wollen 18 Monate, die Union deutlich kürzer. Da sind zwölf Monate ein guter Kompromiss", bekräftigte Oppermann. In Einzelfällen müsse man "zu differenzierten Lösungen kommen, etwa wenn auf unseren Wunsch ein Finanzstaatssekretär zur EZB geht".

30 Treffen mit der Bahn

Unterdessen wird bekannt, dass Pofalla Bahnchef Rüdiger Grube nach Auskunft des Kanzleramts noch eine Woche vor der Bundestagswahl getroffen hat. Das geht aus der Antwort des Staatsministers bei der Bundeskanzlerin, Helge Braun, auf Fragen des Grünen-Abgeordneten Stephan Kühn hervor, wie die Rheinischen Post berichtet. Insgesamt traf Pofalla demnach in der vergangenen Legislaturperiode 30 Mal mit Grube sowie weiteren Vertretern des Bahn-Managements zusammen.

Den Angaben zufolge war Pofalla während der vier Jahre im Kanzleramt häufig mit bahnpolitischen Vorgängen betraut. "Bundesminister a.D. Pofalla war im Rahmen seiner Tätigkeit als Chef des Bundeskanzleramts mit der Gesamtheit der politischen Vorhaben der Bundesregierung und somit auch mit allen relevanten bahnpolitischen Themen befasst", heißt es dem Bericht zufolge in der Antwort des Kanzleramts.

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