Nach BND-Abhörskandal:Konsequenzen gegen Uhrlaus Mitarbeiter

Nach dem BND-Abhörskandal hat das Kanzleramt einem Zeitungsbericht zufolge personelle Konsequenzen gezogen. Während BND-Chef Uhrlau bleibt, geht es Geheimdienstlern auf den unteren Ebenen der Behörde an den Kragen. Der Opposition reicht dies nicht. Aus Afghanistan ist Empörung über den Skandal zu hören.

Die BND-Affäre um die Bespitzelung des E-Mail-Verkehrs zwischen einem afghanischen Politiker und einer deutschen Journalistin hat nach Informationen der Tageszeitung Die Welt vom Freitag in drei Fällen zu personellen Konsequenzen geführt. Disziplinarische Maßnahmen seien gegen den Büroleiter von BND-Präsident Ernst Uhrlau sowie den für die Bespitzelung zuständigen Abteilungsleiter und einen dritten BND-Beamten ergriffen worden.

BND

Steht mehr im Interesse der Öffentlichkeit, als ihm lieb sein dürfte: der BND

(Foto: Foto: dpa)

Die Maßnahmen seien am Donnerstagmittag direkt aus dem Kanzleramt, dem der Bundesnachrichtendienst nachgeordnet ist, verfügt worden, hieß es.

Die Bundestags-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, forderte weitere Konsequenzen. In der Leipziger Volkszeitung vom Freitag betonte sie, mit dienstrechtlichen Konsequenzen innerhalb des BND sei es nicht getan. Es müsse auch geklärt werden, was der Geheimdienst-Koordinator im Bundeskanzleramt, Bundesminister Thomas de Maizière (CDU), "getan hat, um ein Organisationsverschulden zu verhindern". De Maizière "musste wissen, dass der BND quasi eine geschlossene Organisation ist, die ein Eigenleben in einem rechtsfreien Raum führt und eine falsche Kameraderie pflegt." Ihm hätte klar sein müssen, "dass man sich nicht nur auf die Rechtstreue der BND-Mitarbeiter verlassen darf".

"Enttäuschung" in Afghanistan

Der afghanische Handels- und Industrieminister Amin Farhang reagierte unterdessen empört auf die gegen ihn gerichteten Abhörmaßnahmen. Er äußerte sich in der Neuen Osnabrücker Zeitung enttäuscht, dass sich weder der BND noch die Bundesregierung bei ihm entschuldigt hätten, und wies einen möglichen unterschwelligen Vorwurf zurück, er kooperiere mit den radikal-islamischen Taliban. Farhang sagte der Zeitung: "Durch diese absurde Lüge, ich sei eine Art Doppelagent, ist mein Leben und das meiner Familie in größter Gefahr." Er fügte hinzu: "Dieser Rufmord und die Abhörmaßnahmen sind ein beispielloser Skandal. Ich kann morgen auf der Straße erschossen werden."

Wie die Financial Times Deutschland vom Freitag schreibt, will sich die afghanische Regierung zwar nicht zu dem Vorfall äußern, solange sie nicht direkt mit Berlin gesprochen hat, doch in Regierungskreisen in Kabul sei von "Enttäuschung" die Rede. "Wir werden das Thema in den nächsten Tagen bei der Bundesregierung ansprechen", sagte Außenminister Rangin Dadfar-Spanta der Zeitung.

Koelbl hat nach eigenen Angaben Anfang Februar erstmals konkret von ihrer Bespitzelung erfahren. Während ihres Gesprächs mit BND-Chef Ernst Uhrlau am Freitag vergangener Woche habe dieser um Verständnis gebeten, dass die "Lage im Dienst sehr schwierig" sei, sagte Koelbl der Süddeutschen Zeitung vom Freitag. Uhrlau habe "keine befriedigende Erklärung gegeben", warum die Überwachung nötig gewesen und warum er nicht auf sie oder den Spiegel zugegangen sei.

Das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) des Bundestages hatte dem Auslandsgeheimdienst und Uhrlau am Donnerstag wegen der Bespitzelung der Spiegel-Redakteurin Susanne Koelbl ungewöhnlich deutlich das Misstrauen ausgesprochen. Er ergäben sich aber keine personellen Konsequenzen in der Spitze des Dienstes - Uhrlau bleibt also im Amt.

Nach Informationen Der Welt wurde in der Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums am Donnerstag ein weiteres Detail bekannt, das die Kritik des Gremiums am BND nochmals verstärkte. So war zunächst versichert worden, die E-Mails der Journalistin Susanne Koelbl, die durch einen Trojaner des BND von der Computerfestplatte des afghanischen Handelsministers Amin Farhang abgefangen wurden, seien unmittelbar nach dem Auftauchen gelöscht worden. In der Sitzung habe sich aber herausgestellt, dass noch Monate später private E-Mails von Frau Koelbl in einem verschlossenen Umschlag auf dem Schreibtisch einer BND-Juristin aufgefunden worden sein sollen.

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