Nach Austausch des Führungstrios:Ex-Bundespolizei-Chef wirft Friedrich politisches Kalkül vor

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Der Präsident der Bundespolizei, Matthias Seeger, muss vorzeitig in den Ruhestand - und macht Bundesinnenminister Friedrich schwere Vorwürfe. Die SPD spricht von einem "bestürzenden, besorgniserregenden Vorgang" und fordert ein Machtwort der Kanzlerin.

Der abgesetzte frühere Präsident der Bundespolizei, Matthias Seeger, wirft Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich politisches Kalkül vor. "Mein Eindruck ist, dass Friedrich rechtzeitig vor der Bundestagswahl 2013 alle Führungsposten bei den deutschen Sicherheitsbehörden mit Leuten aus dem eigenen Ministerium neu besetzen will", sagte Seeger der Bild-Zeitung. Diese sollten als verlängerter Arm des Bundesinnenministeriums dienen und nicht zu viel Kritik üben.

Seeger verteidigte sich gegen den Vorwurf, er habe die Reform der Polizeibehörde jahrelang blockiert. Diese Behauptung sei "völlig an den Haaren herbeigezogen". Er habe die Reform der Bundespolizei überhaupt erst auf den Weg gebracht und die Neuorganisation ab 2008 geführt, sagte Seeger. "Es gab nie Pannen bei unseren Einsätzen, wir haben immer gut funktioniert." Er habe sich auch nicht gegen eine Fusion der Bundespolizei mit dem Bundeskriminalamt gewehrt.

Die SPD verlangt nun von Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Streit einzugreifen. "Wir brauchen ein Machtwort der Kanzlerin. Friedrich ist seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen, sein sicherheitspolitischer Kurs ist nicht erkennbar", sagte SPD-Innenexperte Michael Hartmann der Bild. Entlassungen seien kein probates Mittel zur Reform der deutschen Sicherheitsarchitektur.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, bezeichnete die Absetzung des Präsidenten und seiner beiden Stellvertreter als "bestürzenden, besorgniserregenden Vorgang", den er in dieser Form nicht für möglich gehalten hätte. "Das alles ist eine Katastrophe", sagte Wiefelspütz im Deutschlandradio. "Das hat es nach meiner Erinnerung über Jahrzehnte nicht gegeben." Ein Minister habe eine besondere Verantwortung und dürfe nicht willkürlich handeln.

Innenminister Friedrich hatte die komplette Spitze der Bundespolizei abgesetzt. Der CSU-Politiker schickte Seeger, den Präsidenten der mit 40.000 Mitarbeitern größten deutschen Polizeibehörde, in den einstweiligen Ruhestand. Den beiden bisherigen Vizepräsidenten Wolfgang Lohmann und Michael Frehse sollen neue Aufgaben zugewiesen werden.

Seegers Nachfolger soll nach Angaben aus Regierungskreisen der bisherige Referatsleiter für Terrorismusabwehr im Bundesinnenministerium, Dieter Romann, werden. Auch seine beiden neuen Stellvertreter sollen aus dem Bundesinnenministerium kommen. Gründe für den Austausch an der Spitze der Bundespolizei nannte das Innenministerium nicht.

© Süddeutsche.de/rtr/dpa/AFP/kemp - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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