Nach der Völkermord-Resolution im Bundestag hat sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan enttäuscht über Kanzlerin Angela Merkel geäußert.
Er verstehe nicht, warum die CDU-Vorsitzende es nicht geschafft habe, ihre eigene Partei dazu zu bringen, gegen die Resolution zu stimmen, sagte Erdoğan in einem Interview, das in mehreren türkischen Medien veröffentlicht wurde.
Am Donnerstag hatte der Bundestag die Massaker an Armeniern während des Ersten Weltkrieges durch das Osmanische Reich als Völkermord verurteilt.
Nach armenischer Darstellung wurden damals bis zu 1,5 Millionen Menschen getötet. Die Türkei spricht von deutlich weniger Toten und lehnt den Begriff Genozid vehement ab.

Völkermord an den Armeniern:Zum Sterben in die Wüste getrieben
Am 24. April 1915 begann die armenische Katastrophe. Zeitgenössische Bilder zeugen von Vertreibung, Hunger und Tod. Sie sind bis heute ein wichtiger Beweis für den Völkermord.
Erdoğan sagte, die Kanzlerin habe ihm versprochen, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Annahme der Resolution zu verhindern. "Nun frage ich mich: Wie werden deutsche Spitzenpolitiker, nach einer solchen Entscheidung, mir und unserem Premier persönlich gegenübertreten können?"
Er warnte, Deutschland könne einen "wichtigen Freund" verlieren und verwies ausdrücklich auf die Millionen türkischstämmigen Menschen in Deutschland. Sanktionen gegen die Bundesrepublik wollte er ausdrücklich nicht ausschließen.
Erdoğan warnte laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Anadolu, der Türkei gebühre eine "faire" Behandlung. Andernfalls werde die Türkei für die EU nicht länger als Barriere für Flüchtlinge einspringen.
"Wir werden die Anschuldigung eines Völkermords niemals akzeptieren", sagte Erdoğan. Und speziell Deutschland habe kein Recht, in dem Punkt Urteile zu fällen, sagte Erdoğan mit Blick auf die Verbrechen Deutschlands während der NS-Diktatur und in Namibia. Zwischen 1904 und 1908 hatten kaiserliche Truppen in Deutsch-Südwest Zehntausende Herero und Nama ermordet.
Erdoğan sagte dem Blatt Daily Sabah zufolge, in Deutschland, auch in Teilen der Medien, gebe es Gruppen, die der Türkei offen feindlich gegenüberstünden. Diese seien in Verschwörungen gegen sein Land verwickelt. Der Plan für die Abstimmung müsse auch von einem "übergeordneten Kopf" gekommen sein.