Nach Anschlag mit 10 Opfern in Tel Aviv:Israel warnt vor neuer "Achse des Terrors"

Nach Meinung des israelischen UN-Botschafters säten Hamas, Syrien und Iran "die Saat für den ersten Weltkrieg des 21. Jahrhunderts". USA und UN verurteilten den Anschlag, die Hamas sprach von "Selbstverteidigung". Israels Regierung will heute über mögliche Vergeltungsschläge entscheiden - es gehe um eine "strategische Entscheidung".

Wie die israelische Zeitung Haaretz in der Nacht zum Dienstag in ihrer Internetausgabe berichtete, trifft sich Olmert deshalb heute mit Kabinettskollegen. Israel müsse eine "strategische Entscheidung" über seine Haltung zu den Führern der Autonomiebehörde fällen, zitiert das Blatt Regierungsvertreter.

Mofaz, Olmert, AP

Denken über Reaktionen nach: Verteidigungsminister Mofaz und Ministerpräsident Olmert

(Foto: Foto: AP)

"Die Situation hat sich verändert. In der Vergangenheit hat die palästinensische Regierung den Terror weder unterstützt noch gerechtfertigt. Heute unterstützen offizielle Vertreter der Hamas in der Öffentlichkeit den Terror und rechtfertigen den Terroranschlag.

Da bleibt kein Platz für Analysen. Wir müssen eine Entscheidung treffen, wie auf eine Regierung, die Terror rechtfertigt, zu reagieren ist", berichtet Haaretz unter Berufung auf einen namentlich nicht genannten Regierungsvertreter.

Olmert hatte bereits zuvor erklärt, er wisse wie und wann Israel zu antworten habe. Verteidigungsminister Schaul Mofas beriet nach israelischen Medienberichten bei einem Treffen am späten Montagabend mit hohen Militärführern über mögliche Vergeltungsaktionen, die noch von Olmert gebilligt werden müssten.

In der Nacht zum Dienstag zerstörte die israelische Luftwaffe mit einer Rakete eine Metallwerkstatt in Gaza. Dort sollen palästinensische Kassam-Raketen gebaut worden sein. Nach Augenzeugenberichten wurde niemand verletzt.

Der Anschlag am Montag in Tel Aviv war der blutigste in Israel seit mehr als eineinhalb Jahren. Ein 18 Jahre alter Paläsinenser hatte sich vor einem Imbiss in die Luft gesprengt und neun Menschen mit in den Tod gerissen. Die Tat löste weltweit Empörung aus.

Die palästinensische Hamas-Regierung hingegen bezeichnete den Terrorakt, zu dem sich der militante Islamische Dschihad bekannte, als legitime Antwort auf die israelische Politik. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte die Tat hingegen als Terror.

Bush-Sprecher: Verabscheuungswürdige Tat

Die US-Regierung verurteilte den Selbstmordanschlag scharf. Der Anschlag sei eine "verabscheuungswürdige Tat, für die es keine Entschuldigung oder Rechtfertigung geben kann", sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan.

Auch Annan äußerte sich entsetzt. "Ich appelliere an die palästinensischen Behörden, unmissverständlich gegen eine solche durch nichts zu rechtfertigende Tat Stellung zu beziehen".

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier rief die neue palästinensische Regierung nachdrücklich dazu auf, ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen, "terroristische Gruppen zu entwaffnen und terroristische Infrastruktur zu zerstören".

Der Anschlag ereignete sich nur Stunden vor Beginn der ersten Sitzung des neuen Parlaments in Jerusalem. Ehud Olmert war am Samstagabend offiziell Ministerpräsident geworden, nachdem der seit mehr als drei Monaten im Koma liegende Ariel Scharon (78) für amtsunfähig erklärt worden war.

Botschafter sieht neue "Achse des Terrors"

Der israelische UN-Botschafter Dan Gillerman hat in New York vor einer neuen "Achse des Terrors" gewarnt. Die palästinensische Hamas-Regierung sowie Syrien und der Iran säten "die Saat für den ersten Weltkrieg des 21. Jahrhunderts", sagte Gillerman am Montag im Sicherheitsrat.

Gillerman rief die Staatengemeinschaft und den Sicherheitsrat zu raschen Maßnahmen auf, um die Gewalt gegen Israel zu stoppen. Der palästinensische Beobachter bei den Vereinten Nationen, Rijad Mansur, verurteilte den Anschlag von Tel Aviv, bei dem am Montag neun Israelis getötet wurden. Zugleich warf er Israel jedoch vor, mit seinen jüngsten Militäraktionen gegen die Palästinenser internationales Recht zu verletzen. Bei den Einsätzen wurden vom 7. bis 9. April ingesamt 21 Palästinenser getötet.

Nahost-Quartett berät am 9. Mai

Annan kündigte an, im Mittelpunkt der Gespräche des Nahost-Quartetts am 9. Mai in New York sollten Möglichkeiten zu Wiederbelebung der so genannten Roadmap stehen. Das Quartett aus UN, EU, USA und Russland hat die Konfliktparteien schon wiederholt aufgerufen, zu dem Friedensplan zurückzukehren.

Er erwarte, dass auch Vertreter Israels und der Palästinenser zu dem Treffen eingeladen werden. Möglicherweise würden an dem Treffen auch regionale Partner des Quartetts wie Ägypten und Jordanien teilnehmen, sagte Annan weiter.

Israelische Medien berichteten, mehr als 60 weitere Menschen seien bei dem Anschlag verletzt worden, einige davon schwer. Olmert sprach von einem "sehr schlimmen Vorfall", auf den Israel angemessen reagieren werde. Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri sagte in Gaza, solche Anschläge seien Widerstand gegen die israelische Besatzung und gehörten zum Recht des palästinensischen Volkes.

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