Nach Anschlägen:So wappnen sich Staaten weltweit gegen die Terrorgefahr

Lesezeit: 4 min

Polizisten patroullieren vor einer Moschee in Paris. (Foto: dpa)
  • Nach den verheerenden Terroranschlägen in Paris haben Länder auf der ganzen Welt ihre Sicherheitsmaßnahmen verschärft.
  • Frankreich hat den nationalen Notstand ausgerufen.
  • Zahlreiche Länder verstärken Grenzkontrollen, vor allem an den Grenzen zu Frankreich, und die Präsenz der Polizei.
  • Die Sicherheitsvorkehrungen für Großveranstaltungen wie dem Weltklimagipfel und der Fußball-Europameisterschaft 2016 werden überprüft.

Frankreich

Frankreich sieht sich nach den verheerenden Pariser Anschlägen mit mindestens 128 Toten im Krieg gegen den Islamismus. Präsident Francois Hollande verhängte erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs den nationalen Notstand und zog große Kontingente der Armee zu Sicherungsaufgaben ein.

An den Landesgrenzen wurden mit sofortiger Wirkung die Grenzkontrollen wieder eingeführt. Diese Kontrollen betreffen Grenzübergänge per Straße und Eisenbahn ebenso wie Flughäfen und Häfen, so das Außenministerium. Flug- und Eisenbahnverbindungen nach Frankreich und zurück werden dennoch aufrechterhalten.

Zudem hat Paris für die nächsten Tage alle Demonstrationen verboten und lokale Ausgangssperren verhängt. Dies teilte Innenminister Bernard Cazeneuve am Samstag in einer Fernsehansprache mit. Er legte die zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen dar, darunter die Mobilisierung weiterer Polizeikräfte. Bestimmte öffentliche Gebäude sollen unter besonderen Schutz gestellt werden. Das Demonstrationsverbot gilt zunächst bis Donnerstag.

Französische Einrichtungen im Ausland werden künftig auch noch besser geschützt. Er habe Maßnahmen zum Schutz von Botschaften, Konsulaten, Auslandsschulen und kulturellen Einrichtungen eingeleitet, sagte Außenminister Laurent Fabius. In Berlin wurden als sichtbares Zeichen des erhöhten Schutzes Absperrgitter vor der französischen Botschaft aufgestellt

Der Weltklima-Gipfel, der am 30. November in Paris beginnen soll, wird voraussichtlich wie geplant stattfinden. Allerdings würden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft, hieß es in Diplomatenkreisen. Zu der Klimakonferenz werden Delegationen aus fast 200 Ländern erwartet.

Deutschland

Die Bundespolizei hat an der Grenze zu Frankreich wieder selektive Grenzkontrollen eingeführt. Zudem sind nach Polizeiangaben die Kontrollen auf den deutschen Flughäfen und in internationalen Zugverbindungen verstärkt worden. Dies sei mit den französischen Kollegen abgestimmt. Bei diesen drei verschärften Sicherheitsmaßnahmen werde es vorerst bleiben, sagte der Sprecher weiter.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer ist das nicht genug. Er sagte, es sei zu überlegen, wieder durchgehende Kontrollen an den deutschen Grenzen einzuführen.

Terror in Paris
:Was wir über die Spur zum "Islamischen Staat" wissen

Einer der Attentäter wurde inzwischen als Franzose identifiziert, aber welches Netzwerk wirkt im Hintergrund? Und was hat die Festnahme eines möglichen Terrorhelfers bei Rosenheim mit ihnen zu tun? Ein Überblick über die bisherigen Spuren.

Großbritannien

Auch die britischen Behörden sind in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Polizei in London kündigte für Samstagabend eine erhöhte Präsenz im Ausgehviertel West End an, wo sich zahlreiche Theater und beliebte Restaurants befinden. Zudem werde sie landesweit mehr Beamte für Personenkontrollen abstellen. Auch die Kontrollen an Häfen und bei großen Veranstaltungen sollen verstärkt werden. Derzeit gilt in Großbritannien die zweithöchste Sicherheitsstufe, nach der ein Anschlag für sehr wahrscheinlich gehalten wird.

Italien

Italien hat seine Grenzkontrollen und Sicherheitsvorkehrungen im gesamten Land verschärft. "Wir haben zwei grundlegende Entscheidungen getroffen: eine Verstärkung der Kontrollen im Land und der Kontrollen an den Grenzen", sagte Innenminister Angelino Alfano. Insbesondere die Kontrollen an der Grenze zu Frankreich seien verschärft worden, erklärte er.

Die Alarmstufe innerhalb des ganzen Landes wurde zudem auf das zweithöchste Level angehoben, das auch den schnellen Einsatz von Sondereinsatzkräften des Militärs erlaubt. "Wir haben zudem ab sofort 700 Soldaten für Rom zur Verfügung gestellt", sagte Alfano. Die Hauptstadt gilt wegen des Vatikans und des am 8. Dezember beginnenden Heiligen Jahres mit Millionen Pilgern als besonders gefährdet.

Spanien

Die Regierung von Spanien hat eine Verstärkung der Sicherheitsmaßnahmen beschlossen, den Terror-Alarm aber vorerst weiter auf der zweithöchsten Stufe gelassen. Die Sicherheit solle "in einigen Bereichen" erhöht werden, sagte Innenminister Jorge Fernández Díaz.

Ein Behördensprecher in Navarra sagte der Nachrichtenagentur efe, die Präsenz an der 143 Kilometer langen Grenze zwischen der Autonomen Gemeinschaft und Frankreich solle durch Einheiten der Bereitschaftspolizei UIP deutlich verstärkt werden. Ähnliche Aktionen werden nach Medienberichten an der gesamten, rund 656 Kilometer langen gemeinsamen Grenze zu Frankreich erwartet.

Nach Anschlägen unter anderem in Tunesien und Kuwait hatte Spanien bereits im Juni den Alarm auf die zweithöchste Stufe 4 angehoben. Seitdem gelten für "kritische Infrastrukturen" wie Flughäfen und Bahnhöfe, Atomanlagen und Botschaften verschärfte Sicherheitsmaßnahmen.

Belgien kündigte an, die Grenzen zu Frankreich stärker zu kontrollieren. Dies betreffe Einreisen per Bahn, per Flugzeug und per Auto.

Die Niederlande haben die Kontrollen an all ihren Grenzen und Flughäfen verschärft und zugleich wurden die Sicherheits- und Geheimdienste in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

Auch Finnland kontrolliert stärker an seinen Häfen und Flughäfen.

USA

Die Polizei verstärkte ihre Präsenz in vielen amerikanischen Städten. In New York wurden nach Angaben der Polizei noch am Freitagabend Spezialeinheiten zur Terrorabwehr an verschiedenen Sehenswürdigkeiten und anderen Orten postiert, die von besonders vielen Touristen besucht werden. Gleiches galt für Boston, Washington und weitere Städte. In Bussen und Zügen wurden Taschen und andere Gepäckstücke nach möglichen Sprengsätzen durchsucht. Dabei handelte es sich den Behörden zufolge um reine Vorsichtsmaßnahmen.Das Heimatschutzministerium erklärte, es liege derzeit keine konkrete Bedrohung für die USA vor. New York gilt jedoch seit den Anschlägen auf das World Trade Center im Jahr 2001, bei denen rund 3000 Menschen getötet wurden, als besonders gefährdet. Bürgermeister Bill de Blasio sagte, die Stadt sei ohnehin ständig in hoher Alarmbereitschaft. Man sei jetzt darauf vorbereitet,dass es Nachahmungstaten geben

Russland hat ebenfalls die Sicherheitsvorkehrungen im Flug- und Bahnverkehr erhöht, ließ aber offen, was darunter genau zu verstehen sei. Russland ist ohnehin sehr wachsam seit dem Absturz eines Ferienfliegers über der ägyptischen Sinai-Halbinsel vor zwei Wochen. Die Terrormiliz Islamischer Staat hatte erklärt, sie habe das Flugzeug zum Absturz gebracht.

Philippinen

Die Philippinen versetzten ihre Sicherheitskräfte vor dem in Manila anstehenden Gipfeltreffen der Apec-Staaten in volle Alarmbereitschaft. Rund um das Gelände des Treffens, zu dem kommende Woche auch US-Präsident Barack Obama erwartet wird, patrouillieren Hubschrauber der philippinischen Luftwaffe und Boote der Küstenwache. Bislang gebe es jedoch keine Informationen über eine unmittelbare Bedrohung des Treffens, sagte der für die Sicherheit zuständige General.

Zwei der Sprengsätze von Paris waren am Freitagabend während des Freundschaftsspieles Frankreich gegen Deutschland direkt am Stade de France explodiert. Das Testspiel von EM-Gastgeber Frankreich am Dienstag im Londoner Wembley-Stadion gegen England soll jedoch trotzdem ausgetragen werden, das berichtete die Sportzeitung L'Équipe mit Berufung auf den Französischen Fußballverband FFF. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte nach der Rückkehr aus Paris angekündigt, am Sonntag eine Entscheidung über die Austragung seines Heimspiels gegen die Niederlande am Dienstag in Hannover treffen zu wollen.

In Frankreich soll im kommenden Jahr die Fußball-Europameisterschaft stattfinden. Für die Koordination aller Sicherheitsfragen wurde schon vor geraumer Zeit eine nationale Arbeitsgruppe ins Leben gerufen. FFF-Präsident Noël Le Graët sagte am Freitag dazu: "Wir hatten vorher bereits eine gewisse Unruhe bezüglich der Europameisterschaft. Die ist natürlich noch stärker geworden." Einhundertprozentige Sicherheit könne es für ein Großereignis mit zehn Stadien in zehn Städten nicht geben. "Wir haben viele Vorsichtsmaßnahmen ergriffen", sagte Le Graët nach dem Spiel gegen Deutschland, "aber man sieht, dass Terroristen jederzeit zuschlagen können."

© SZ.de/dpa/AP/AFP/Reuters/bavo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Terror in Paris
:Stadion in Angst

Frankreich gegen Deutschland - knapp 80 000 Menschen sehen im Pariser Stade de France zu. Dann sind Explosionen zu hören. Panik macht sich breit.

Von Thomas Hummel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: