Nach angeblicher Koranverbrennung:Tote bei Ausschreitungen in Kaschmir

Bei Unruhen im indischen Teil Kaschmirs sind 16 Menschen gestorben. Auslöser waren falsche Berichte über die Verbrennung des Heiligen Buches der Muslime in den USA.

Nun hat die angekündigte Koranverbrennung von Pastor Jones genau jene Folgen, vor denen Politiker aller Länder gewarnt haben - obwohl sie gar nicht stattfand: Bei gewaltsamen Protesten im indischen Teil Kaschmirs sind mindestens 16 Menschen ums Leben gekommen, darunter ein Polizist. Nach Angaben der Behörden wurden die Ausschreitungen im mehrheitlich von Muslimen bewohnten Kaschmirtal durch einen Bericht im iranischen Fernsehen über eine angebliche Koranverbrennung in den USA geschürt.

Nach angeblicher Koranverbrennung: Regierungsgebäude, Polizeistationen und eine christliche Missionsschule haben Demonstranten im indischen Teil Kaschmirs angegriffen. 16 Menschen sind gestorben, darunter ein Polizist.

Regierungsgebäude, Polizeistationen und eine christliche Missionsschule haben Demonstranten im indischen Teil Kaschmirs angegriffen. 16 Menschen sind gestorben, darunter ein Polizist.

(Foto: AP)

Aufgebrachte Demonstranten riefen anti-indische und anti-amerikanische Slogans und verbrannten Bilder von US-Präsident Barack Obama. In der Stadt Tangmarg wurden Regierungsgebäude und eine christliche Missionsschule angezündet. Den Angriff auf die Schule verurteilte der unter indischem Arrest stehende Separatistenführer Syed Ali Shah Geelani: "Ich bitte die Muslime eindringlich, Minderheiten und ihre religiösen Stätten zu schützen", heißt es bei BBC News.

Die Demonstranten hatten sich trotz eines am Samstag verhängten Ausgehverbots versammelt und unter anderem eine Polizeistation angegriffen. Die Polizei eröffnete daraufhin das Feuer, um die Proteste aufzulösen. Einer der Getöteten soll laut Berichten der BBC ein zwölf- oder 13-jähriger Schüler sein. Zudem sollen über 100 Menschen zum Teil schwer verletzt worden sein.

In der Regionalhauptstadt Srinagar, wo es am Wochenende zu schweren Unruhen gekommen war, blieb die Lage weitgehend ruhig. Die politische Lage im indischen Bundesstaat Jammu und Kaschmir ist seit Monaten angespannt. Im Juni brachen anti-indische Proteste aus, nachdem die Polizei einen Teenager erschossen hatte. Nach Medienberichten starben seitdem mindestens 86 Menschen bei Unruhen. Erst zum Ende des Fastenmonats Ramadam kam es kürzlich zu den größten Protesten gegen die indische Herrschaft seit zwei Jahren.

Angesicht des andauernder Auseinandersetzungen zeigte sich Premierminister Manmohan Singh am Montag dialogbereit. "Wir sind bereit, im Rahmen unserer Verfassung mit jedem zu sprechen, der der Gewalt abschwört", heißt es in einer in Neu Delhi verbreiteten Erklärung des Regierungschefs. Die Menschen in Kaschmir seien indische Staatsbürger, deren Sorgen ernst genommen werden müssten.

Im indischen Teil Kaschmirs kämpfen auch radikale muslimische Gruppen seit Ende der achtziger Jahre mit Gewalt für die Loslösung der Region von Indien. Beim jüngsten Zwischenfall im Bezirk Bandipore töteten Soldaten nach Armeeangaben drei Extremisten.

Indien wirft dem islamischen Nachbarstaat Pakistan vor, die Separatisten zu unterstützen. Nach Angaben der indischen Nichtregierungsorganisation South Asia Terrorism Portal fielen dem Kaschmirkonflikt seit 1988 fast 43.000 Menschen zum Opfer. Der Status der Region ist seit der Unabhängigkeit Indiens und Pakistans umstritten, Sie ist in einen indischen und einen pakistanischen Teil getrennt. Die verfeindeten Atommächte führten seit 1947 bereits mehrere Kriege um Kaschmir.

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