Mysteriöser Anschlag in Pristina:Kosovo: Wir haben Beweise gegen den BND

Die Regierung des Kosovo ist nach SZ-Informationen angeblich im Besitz eines Videobandes, das deutsche Agenten beim Werfen eines Sprengsatzes zeigt. Auch deutsche Sicherheitsbehörden kennen ein Band - Gesichter seien darauf aber nicht zu erkennen.

Die Regierung des Kosovo hat angeblich Beweise dafür, dass zumindest einer der drei festgenommenen BND-Mitarbeiter am Anschlag auf das Gebäude der Internationalen Verwaltungbehörde in Pristina beteiligt war.

Mysteriöser Anschlag in Pristina: Ein mutmaßlicher BND-Mitarbeiter wird in Pristina festgenommen.

Ein mutmaßlicher BND-Mitarbeiter wird in Pristina festgenommen.

(Foto: Foto: dpa)

Aus Regierungskreisen erfuhr die Süddeutsche Zeitung, die Polizei sei im Besitz von Videoaufnahmen, auf denen zu erkennen sei, wie ein BND-Agent am 14. November den Sprengstoff über die Umfassungsmauer des Gebäudes werfe. Deutsche Sicherheitsbehörden kennen zwar ein Videoband, auf dem ein Sprengsatz geworfen wird. Darauf seien aber keine Gesichter zu sehen.

Nach Angaben aus kosovarischen Justizkreisen sind die drei deutschen Staatsbürger seit längerer Zeit abgehört worden. Der zuständige Staatsanwalt Feti Tunuzliu sagte, es gebe weitere Beweisstücke, die bei der Durchsuchung des von den BND-Leuten bewohnten Hauses in Pristina sichergestellt wurden. Nach SZ-Informationen handelt es sich bei den Festgenommenen um frühere Bundeswehrsoldaten, die mittlerweile für den Bundesnachrichtendienst arbeiten.

Der kosovarische Regierungschef Hashim Thaci sagte der SZ, die Festgenommenen dürften nicht über dem Gesetz stehen. "Lassen wir die Justiz ihre Arbeit machen." Der frühere politische Führer der sogenannten Befreiungsarmee des Kosovo (UCK) erklärte, seine Regierung wolle weiterhin "exzellente Beziehungen" zu Deutschland pflegen.

Berlin habe eine herausragende Rolle bei der "Befreiung des Kosovo vom serbischen Terror" gespielt. "Wir haben kein Interesse daran, dass die Verhaftung dieser Leute politisch ausgeschlachtet wird", so Thaci. Vorwürfe in der deutschen Boulevardpresse, wonach am Wochenende "anti-europäische Kräfte" in der kosovarischen Regierung die Freilassung der drei BND-Mitarbeiter blockiert hätten, wies Thaci zurück. Er und seine Mitarbeiter wollten sich in die Arbeit der Justiz nicht einmischen.

Demgegenüber berichtete die gewöhnlich gut informierte Tageszeitung Express, die Regierung habe am Wochenende den deutschen Behörden eine Landeerlaubnis für ein "Privatflugzeug" verweigert. Mit der Maschine sollten die drei BND-Männer angeblich nach Deutschland ausgeflogen werden.

Beobachter in Pristina vermuten, dass nach der Festnahme der Deutschen vor allem bei ehemaligen UCK-Führern die Verlockung groß sei, den BND "öffentlich zu demütigen". In einem Bericht von 2005 hatte der BND Thaci und andere ehemalige Befehlshaber der UCK als Schlüsselfiguren der organisierten Kriminalität im Kosovo beschrieben. Thaci wurde auch als Auftraggeber eines Profikillers bezeichnet.

Der SZ sagte Thaci, diese Berichte seien "frei erfunden". Unbestritten ist jedoch, dass sich bei kosovo-albanischen Politikern seit Jahren viel Wut aufgestaut hat über die Arbeit des BND in der Region.

Die Bundesregierung reagierte empört auf die Anschuldigungen. "Die Vorstellung, dass die Bundesregierung in terroristische Anschläge im Ausland verwickelt sein könnte, ist absurd", sagte Vize-Regierungssprecher Thomas Steg in Berlin. "Wir sind gut beraten, wenn wir unsere Phantasie ein bisschen zügeln", bat er. Angaben zu den drei Festgenommenen machte Steg nicht. "Berichte, Vermutungen, Spekulationen", dass es sich bei den drei Männern um Mitarbeiter des BND handele, könne er weder bestätigen noch dementieren.

"Alles, was mit nachrichtendienstlichen Belangen zu tun hat, ist aus unserer Sicht dem Parlamentarischen Kontrollgremium vorbehalten, das von der Bundesregierung über derartige Fälle informiert wird" , betonte er. Das PKG soll am Donnerstag unterrichtet werden.

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