Süddeutsche Zeitung

Diplomatie:Ein bisschen Anerkennung für die Opposition in Myanmar

Deutschland und die EU halten es nach dem Militärputsch mit den Gegner der Junta. Nur: Was bedeutet das praktisch?

Von Daniel Brössler, Berlin

Im Bundestag ließ Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) keinen Zweifel. "Niemals" werde man einen Putsch akzeptieren, hatte er im März im Bundestag zur Lage in Myanmar gesagt, wo das Militär am 1. Februar die Macht an sich gerissen hat und seitdem jeden Widerstand brutal unterdrückt. Zusammen mit der Europäischen Union und großen Teilen der internationalen Gemeinschaft weigert sich die Bundesregierung , den Coup hinzunehmen. Weit weniger klar ist, was das - von Sanktionen abgesehen - praktisch bedeutet.

So bemüht sich eine von Gegnern der Militärjunta Mitte April gebildete "Regierung der nationalen Einheit" um internationale Anerkennung. Ihr gehören unter anderen gewählte Abgeordnete der Nationalliga für Demokratie (NLD) der inhaftierten Staatsrätin Aung San Suu Kyi an. Von der Junta wird diese Gegenregierung mittlerweile als "Terrororganisation" verfolgt. Die Bundesregierung sieht in ihr zumindest eine eine wichtige Ansprechpartnerin. Das geht aus einer der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Antwort des Auswärtigen Amtes auf eine Frage aus der FDP-Fraktion im Bundestag hervor.

Aus Sicht der Europäischen Union repräsentiere die Regierung der nationalen Einheit "die Stimme des myanmarischen Volkes" , antwortete Staatsminister Michael Roth (SPD) auf die Frage des FDP-Abgeordneten Christoph Hoffmann. Sie müsse daher an einem Dialog beteiligt werden. Seitens der Bundesregierung habe es "erste Gespräche" mit Vertreterinnen und Vertretern des "National Unity Government" gegeben. Genauere Angaben machte das Auswärtige Amt auf Nachfrage nicht.

Zwar ein Putsch, aber...

Auf eine Anerkennung durch die Bundesregierung dürfte die Einheitsregierung allerdings vergeblich warten. Zwar werde die Machtübernahme durch das Militär als illegaler Putsch angesehen, heißt es in einer Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages. Für die Frage einer völkerrechtlichen Anerkennung einer Regierung komme es jedoch "nicht vorrangig auf die Legitimität, sondern vielmehr auf die effektive Ausübung der Herrschaftsgewalt an". Inwieweit die "Regierung der Nationalen Einheit" tatsächlichen Einfluss auf den Staatsapparat besitzt, sei offen. Überdies würden im Regelfall Staaten anerkannt und nicht Regierungen.

Eine Ausnahme machte die Bundesregierung 2019 für den venezolanischen Oppositionspolitiker Juan Guaidó, den sie als Interimspräsidenten anerkannte. Dies wurde vom Wissenschaftlichen Dienst als "völkerrechtlich fragwürdig" eingestuft. Für einen anderen Weg entschied sich die Bundesregierung nach den als massiv gefälscht kritisierten Präsidentenwahlen in Belarus. Die um ihren vermutlichen Wahlsieg gebrachte Kandidatin Swetlana Tichanowskaja wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und Außenminister Maas empfangen - zwar nicht als Präsidentin, aber doch als Schlüsselfigur der belarussischen Opposition. Auch der myanmarischen Einheitsregierung solle durch höherrangige Gespräche ein "Gefühl der Anerkennung" gegeben werden, forderte der FDP-Abgeordnete Hoffmann.

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