Myanmar:Prozess gegen Aung San Suu Kyi beginnt

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Die Proteste gegen die Militärjunta gehen weiter: eine Versammlung an diesem Montag in Mandalay. (Foto: OBTAINED /Reuters)

Die Justiz wirft der entmachteten Regierungschefin diverse Vergehen vor. Menschenrechtler sehen darin einen politisch motivierten "Schauprozess".

In Myanmar hat am Montag der Prozess gegen die entmachtete Regierungschefin Aung San Suu Kyi begonnen. Die Justiz wirft der 75-Jährigen ein halbes Dutzend Vergehen vor. Die Friedensnobelpreisträgerin sitzt seit dem Militärputsch von Anfang Februar im Hausarrest. Seither wurden immer neue Vorwürfe gegen sie erhoben.

Beobachter und Menschenrechtsexperten vermuten, dass die Junta die beliebte Politikerin durch die Verfahren langfristig zum Schweigen bringen will. Unter anderem muss sie sich wegen Verstößen gegen die Außenhandelsgesetze, Verletzung von Corona-Maßnahmen und Anstiftung zum Aufruhr verantworten. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Suu Kyi zudem wegen Korruption angeklagt werden soll. Es drohen langjährige Haftstrafen.

"Die strafrechtlichen Anklagen gegen Aung San Suu Kyi sind falsch und politisch motiviert durch die Absicht, ihren Sieg bei den Wahlen vom November 2020 zu annullieren und zu verhindern, dass sie jemals wieder für ein Amt kandidiert", teilte Phil Robertson von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch mit. Er sprach von einem "Schauprozess". Alle Anklagen müssten fallengelassen und Suu Kyi umgehend freigelassen werden.

Auch der gestürzte Präsident Win Myint steht in dieser Woche vor Gericht. Sowohl Suu Kyi als auch Win Myint waren wenige Stunden nach dem Putsch am 1. Februar festgenommen worden. Suu Kyi hatte bereits in der Vergangenheit insgesamt 15 Jahre unter Hausarrest gestanden, bis vor zehn Jahren zaghafte demokratische Reformen eingeleitet wurden. Sie sei auf dem besten Weg, erneut eine "Märtyrerin für die burmesische Demokratie" zu werden, so Robertson. Die Anwälte teilten mit, dass am ersten Verhandlungstag zunächst mehrere Polizisten als Zeugen vernommen worden wären. Suu Kyi habe angeschlagen ausgesehen, aber die Anhörung "interessiert und aufmerksam" verfolgt, so Khin Maung Zaw, der Chef ihres Verteidigungsteams.

Auch die frühere Leiterin des Covid-Impfprogramms wurde verhaftet

Das frühere Birma versinkt seit dem Putsch Anfang Februar in Chaos und Gewalt. Das Militär unterdrückt jeden Widerstand mit brutaler Härte. Nach Schätzungen der Gefangenenhilfsorganisation AAPP wurden mindestens 863 Menschen getötet. Mehr als 6000 wurden festgenommen. Das Militär unter Machthaber Min Aung Hlaing hatte den Umsturz mit Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Mehr als 200 000 Menschen sind nach UN-Angaben vor der Offensive der Armee geflohen. Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, setzte sich bei einem Treffen mit General Min Aung Hlaing Anfang Juni für den humanitären Zugang zu den Menschen vor allem in den Gebieten Chin, Kachin, Kayah, Karen, Shan und Rakhine ein.

Wegen Hochverrats hat die Militärjunta in Myanmar auch die frühere Leiterin des Impfprogramms gegen Corona verhaftet. Die Ärztin Htar Htar Lin habe zusammen mit anderen Ärzten eine Schlüsselrolle in der oppositionellen "Bewegung für zivilen Ungehorsam" (CDM) gespielt sowie mit der als "Terroristen" deklarierten "Regierung der nationalen Einheit" der Regimegegner zusammengearbeitet, berichteten staatliche Medien am Montag. Myanmars Gesundheitssystem sowie die Maßnahmen zur Corona-Prävention waren nach dem Putsch der Armee Anfang Februar zusammengebrochen. Ärzte und Krankenpfleger beteiligen sich seither in der CDM und an den Streiks, die große Teil des Verwaltungsapparates und die Wirtschaft des Landes lahmlegen.

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