Süddeutsche Zeitung

Vertrauter von Aung San Suu Kyi:Myanmars Präsident Htin Kyaw tritt zurück

  • Myanmars Präsident Htin Kyaw tritt überraschend zurück.
  • Er ist ein enger Vertrauter der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Sie selbst kann einer Verfassungsklausel zufolge nicht Präsidentin werden.
  • Das südostasiatische Land steht international wegen der Verfolgung von Minderheiten seit Monaten massiv in der Kritik.

Der Präsident von Myanmar, Htin Kyaw, hat überraschend seinen Rücktritt erklärt. Der 71-Jährige war seit März 2016 Staatsoberhaupt des südostasiatischen Landes, als erster Zivilist nach mehr als einem halben Jahrhundert Militärherrschaft.

Der Rücktritt wurde auf der Homepage und der Facebook-Seite des Präsidialamts bekanntgegeben. Zur Begründung hieß es, Kyaw brauche eine Auszeit von seiner gegenwärtigen Arbeit. Nach der Verfassung muss nun innerhalb von sieben Tagen vom Parlament ein Nachfolger ernannt werden.

Kyaw ist ein enger Vertrauter der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Sie selbst kann einer Verfassungsklausel zufolge nicht Präsidentin werden, weil ihre beiden Söhne die britische Staatsbürgerschaft haben. Die 72-Jährige führt seit zwei Jahren als "Staatsrätin" die Regierung des Landes.

Die UN sprechen von "Völkermord"

Die Machtverhältnisse in Myanmar sind nach dem Ende der Militärdiktatur noch nicht gefestigt. Die ehemalige Oppositionsführerin Suu Kyi steht nach dem Wahlsieg ihrer Nationalen Liga für Demokratie (NLD) an der Spitze der Regierung. In ihrem Kabinett besetzt das Militär aber mehrere Schlüsselposten wie das Innen- und das Verteidigungsressort. Zudem gewann Armeechef Min Aung Hlaing in den vergangenen Monaten erheblich an Einfluss.

Das südostasiatische Land steht international wegen der Verfolgung von Muslimen seit Monaten massiv in der Kritik. Aus Furcht vor Gewalttaten der Armee sind etwa 700 000 Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya ins Nachbarland Bangladesch geflohen.

Als Rohingya bezeichnen sich die eine Million Muslime in Myanmars Teilstaat Rakhine. Obwohl dieser ihre Heimatregion ist, gelten sie seit 1982 nicht mehr als Staatsbürger, sondern als illegale Einwanderer. Grund dafür ist eine Gesetzesänderung der damaligen Militärjunta, wonach sie nicht zu den 135 offiziell anerkannten ethnischen Gruppen zählen. Seit Beginn der politischen Reformen in Myanmar 2011 hat sich die Menschenrechtslage im Land zwar insgesamt verbessert, aber die Situation der Rohingya verschlechtert. Keine Partei - auch nicht die Suu Kyis NLD - stellte zur Parlamentswahl im November 2015 muslimische Kandidaten auf.

Im Moment gelten die Rohingya als eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Erde. Die Vereinten Nationen sprechen von "Völkermord", "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" und einer "ethnischen Säuberung" durch Myanmars Militär.

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