Myanmar:Unter Chinas starker Hand

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Chinas Außenminister Wang Yi (l.) forderte im August in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw Junta-Chef Min Aung Hlaing auf, „die chinesischen Projekte zu schützen“. (Foto: -/AFP)

Junta-Chef Min Aung Hlaing bekommt das Chaos in Myanmars Grenzregion nicht in den Griff. Nun soll er zu einem Gipfeltreffen ins große Nachbarland reisen. Dort dürften ihn unangenehme Fragen erwarten.

Von David Pfeifer, Bangkok

Es ist nicht klar, ob es einen Bußgang oder eine Aufwertung für Myanmars Junta-Chef Min Aung Hlaing darstellt, wenn er diese Woche nach China reist. Vermutlich beides. Der General, der bei einem Staatsstreich des Militärs in der Nacht auf den 1. Februar 2021 die Macht an sich gerissen hat, wird an einem regionalen Gipfeltreffen teilnehmen, wie die staatlichen Medien in Myanmar berichten. Erst einmal also dürfte Min Aung Hlaing sich aufgewertet fühlen.

Denn an den Treffen der Asean-Staaten, dem Verbund der wichtigsten südostasiatischen Nachbarländer, darf Min Aung Hlaing, 68, nicht mehr teilnehmen. Das Militär schafft es nicht, einen Fünf-Punkte-Plan zu erfüllen, der so simple Forderungen wie Friedensgespräche mit den Rebellen im Land vorschreibt. International ist die Junta ohnehin weitgehend isoliert. Nur China hält seine starke Hand über den General, da man das Militär immer noch für den größten Garanten für Stabilität im kleinen Nachbarland hält und die Handelsroute an den Golf von Bengalen schützen möchte.

Myanmars Militär hat die Kontrolle über die Grenzregion weitgehend verloren

Der chinesische Tiefseehafen, der in Myanmar entsteht, würde die Handelsroute chinesischer Schiffe nach Europa enorm verkürzen. Dafür aber muss der ungehinderte Zugang durch Myanmar gesichert sein, durch das Öl- und Gaspipelines aus China laufen. Peking importiert auch seltene Erden aus dem Land, die in der Automobil- und Windenergiebranche verwendet werden.

Der offizielle Anlass der Reise des Junta-Chefs ist ein Gipfeltreffen der Staaten der erweiterten Mekong-Region am 6. und 7. November in Kunming, zu dem neben Myanmar auch Laos und Kambodscha eingeladen sind. „Er wird Treffen und Diskussionen mit chinesischen Behörden haben und an der Verbesserung der bilateralen Beziehungen, der Wirtschaft und der Entwicklung in verschiedenen Sektoren arbeiten“, hieß es in den Staatsmedien in Myanmar.

Dass der Besuch von Min Aung Hlaing der erste seit dem Staatsstreich vor bald drei Jahren sein wird, kann also bedeuten, dass China ihm den Rücken stärkt. Oder aber ihn rüffelt. Denn seit dem Putsch herrscht Chaos in Myanmar, und das zunehmend auch in der Grenzregion zu China, über die das myanmarische Militär weitgehend die Kontrolle verloren hat. Rebellen haben im vergangenen Jahr gemeinsam mit der sogenannten Three Brotherhood Alliance, drei bewaffneten Militärgruppen, wichtige Posten und Straßen erkämpft. Insgesamt kontrollieren sie sechs von acht Grenzübergängen und haben die Junta aus Gebieten verdrängt, durch die jedes Jahr Handelsströme in Milliardenhöhe fließen. Erst im August nahm die Allianz sogar die größere Stadt Lashio ein, im Nordosten Myanmars nahe der chinesischen Grenze gelegen. Die Erfolge der Rebellen-Gruppen haben Peking alarmiert.

Der Nachrichtenagentur Reuters erklärte die Junta nach der Niederlage in Lashio, dass man mit Peking zusammenarbeite, um Stabilität und Rechtsstaatlichkeit entlang der Grenze zu gewährleisten, und dass man die Forderungen der „bewaffneten Terroristen“, wie sie die Rebellen nennt, nicht akzeptieren werde. Das chinesische Außenministerium teilte mit, es sei „entschieden gegen das Entstehen von Chaos und Krieg in Myanmar“.

Die organisierte Kriminalität Chinas hat sich in Myanmar festgesetzt

Peking hat mittlerweile Teile der Grenze nach Myanmar abgeriegelt und wichtige Importe in die von den Rebellen kontrollierten Gebiete gestoppt, wie Reuters meldete. Allerdings ist das Verhältnis Chinas zu den Rebellen undurchsichtig. Einerseits sind sie mit der pro-demokratischen Untergrundregierung National Unity Government verknüpft, die von Chinas Konkurrenten USA und Japan unterstützt wird und die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi weiter als Staatschefin ansieht. Andererseits wird immer wieder berichtet, dass Peking die Rebellen-Allianz angeblich sogar unterstützt, um gegen die zügellose Kriminalität in der Grenzregion vorzugehen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es aber nicht.

Gleichzeitig braucht man die Hilfe etwa der Three Brotherhood Alliance, denn die organisierte Kriminalität in China, die Triaden, haben sich in der Grenzregion in Myanmar festgesetzt und regelrechte Online-Betrugsfabriken aufgebaut, die massenhaft Chinesinnen und Chinesen ausnehmen. Das Problem weitet sich über ganz Südasien aus, sogar die indische Regierung versucht mittlerweile, Staatsbürger aus diesen Betrugsfabriken zu befreien. Es ist zu vermuten, dass auch die Unfähigkeit der Junta, dem Einhalt zu gebieten, ein Thema beim Besuch von Aung Min Hlaing sein wird.

Bereits im August, kurz nachdem die Junta aus Lashio vertrieben wurde, traf der chinesische Außenminister Wang Yi in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw auf Min Aung Hlaing. Wang sagte, Peking sei „gegen Chaos und Konflikte“. Er forderte den General auf, „das chinesische Personal und die chinesischen Projekte zu schützen“, wie es in einer Erklärung hieß.

Peking versprach beim Besuch von Wang Yi auch, die angekündigten Wahlen in Myanmar zu unterstützen. Diese könnten die Putschisten vordergründig legitimieren, nachdem Dutzende Parteien verboten wurden. Doch auch Min Aung Hlaing ist wegen der Niederlagen im vergangenen Jahr enorm unter Druck geraten – angeblich auch aus den eigenen Reihen. Ende September hatte die Junta die Rebellen erstmals zu Friedensgesprächen eingeladen. Der Vorschlag wurde von den Rebellenführern rasch abgelehnt, um nicht den Weg für eine Scheinwahl zu ebnen.

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