Myanmar:Der Putsch wird zur Machtprobe zwischen China und den USA

*** BESTPIX *** Myanmar People Continue Their 'Make Noise' Campaign Against Military Coup

Yangon am 5. Februar: Menschen protestieren mit dem Dreifingergruß. Auch in Rangun wird inzwischen gegen den Putsch demonstriert.

(Foto: Getty Images/Getty Images)

Während Peking sich Einmischung in "innere Angelegenheiten" Myanmars verbittet, will US-Präsident Biden reagieren. Im Land selbst gibt es die bisher größten Proteste.

Von Arne Perras

Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua brauchte nur wenige Worte, um deutlich zu machen, wie Peking zu den Ereignissen in Myanmar steht: Dort sei eine "größere Kabinettsumbildung" im Gange, verbreitete sie. Da mochte es auch nicht mehr verwundern, dass China an der Seite Russlands eine Verurteilung des Militärputsches in Myanmar durch den UN-Sicherheitsrat wenig später verhinderte. "Kabinettsumbildungen" sind eben aus chinesischer Sicht "innere Angelegenheiten" eines Landes, in die sich andere Staaten nicht einzumischen hätten.

Auf der anderen Seite des Pazifiks fand man hingegen scharfe Worte für Myanmars machthungrige Generäle. US-Präsident Joe Biden hatte sie schon am Montag verurteilt, das Außenministerium nannte den Coup beim Namen. Im Laufe des vergangenen Jahrzehnts hatte Washington Sanktionen gegen die vormals herrschende Junta Schritt für Schritt aufgehoben, um sicherzustellen, dass Aung San Suu Kyi ihr Land demokratisieren konnte.

Nach jahrzehntelanger Isolation setzte man auch auf einen ökonomischen Aufschwung, der nicht einer korrupten Militärclique nützen sollte, sondern den Bürgern im Vielvölkerstaat. Nun aber droht die US-Regierung mit einer Rückkehr zu Strafmaßnahmen und fordert die Militärmachthaber auf, Aung San Suu Kyi umgehend freizulassen. So gerät die Causa Myanmar immer mehr zur Kraftprobe zwischen Peking und Washington.

In Yangon trommeln die Bürger nachts aus Protest auf Kochtöpfen

Offen ist, wie sich andere asiatische Nachbarn positionieren werden. Japan hat als Mitglied der G-7-Gruppe den Putsch an der Seite der westlichen Industrienationen verurteilt, gleichzeitig aber bringt die Krise japanische Firmen, die genauso wie thailändische und singapurische Unternehmen stark in Myanmar investiert haben, in eine schwierige Lage, wenn Sanktionen kommen.

Bilder von ersten Demonstrationen gegen das Militär fanden trotz einer weitreichenden Blockade sozialer Medien ihren Weg nach draußen. Studenten in Mandalay hielten Plakate hoch, auf denen geschrieben stand: "Ziviler Ungehorsam" und "Wir wollen Demokratie". Nachts kamen Bürger in Yangon auf die Balkone und trommelten auf Töpfe, um ihren Unmut auszudrücken. Am Samstag versammelten sich in Rangun Tausende Menschen zu Protesten - es sind die ersten größeren Demonstrationen im Land seit dem Militärputsch.

Auch Bilder einer Demonstration von Mitarbeitern des Agrarministeriums liegen der SZ vor, die Teilnehmer strecken darauf drei Finger einer Hand aus, wie im Film "Tribute von Panem." Es ist ein Symbol, das auch Demonstranten in Thailand nutzen. Lwin Ko Oo, ein junger Dozent an der Maritime University in Yangon, übermittelte an diesem Donnerstag: "Ich fühle mich wie verrückt. Schon am Morgen des 1. Februar machte ich mir Sorgen, welche Grundrechte uns nun geraubt werden."

Aung San Suu Kyi schaffte es nicht, die Kontrolle des Militärs vollkommen aufzubrechen

Viele sind verärgert, dass gegen die inhaftierte Aung San Suu Kyi auch noch eine bizarr klingende Klage erhoben werden soll: Sie habe Funkgeräte aus dem Ausland genutzt und so gegen Importbestimmungen verstoßen, lautet die Anzeige. Seit der Putschnacht war von der Staatsrätin nichts mehr zu hören, niemand weiß, wie es um sie steht. Im Falle einer Verurteilung wäre der 75-Jährigen formal eine spätere Rückkehr ins Parlament versperrt.

Aung San Suu Kyi hatte seit Jahren auf eine Verfassungsreform gedrängt, die zivilen Mächten mehr Macht verschafft und das Militär aus der Politik zurückgedrängt hätte. Doch auch sie schaffte es nicht, das hybride System aus demokratischen Elementen und Relikten militärischer Kontrolle in Myanmar aufzubrechen. Aung San Suu Kyi konnte selten agieren, wie sie wollte. Auch verfing sie sich selbst manchmal in autoritären Reflexen, wehrte sich nicht, wenn Bürger, die an ihr Kritik geäußert hatten, in die Fänge der Justiz gerieten. Das fragile Machtgefüge zwang die Staatsrätin immer wieder zur Kooperation mit der Armee.

Die Generäle hat das nicht davon abgehalten, das Ruder nun ganz an sich zu reißen. Vermutlich, weil sie von der Furcht getrieben sind, der Druck der Massen bei fortschreitender Demokratisierung könnte irgendwann zu groß werden, um die alte Verfassung zu bewahren, die ihnen Privilegien und Pfründe sichert.

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