Südostasien:Eiserne Machthaber unter sich

Südostasien: Ein Demonstrant protestiert kurz nach dem Putsch am 1. Februar 2021 mit einem Bildnis von Aung San Suu Kyi dagegen, dass Myanmars Militär die Staatsgewalt an sich gerissen hat.

Ein Demonstrant protestiert kurz nach dem Putsch am 1. Februar 2021 mit einem Bildnis von Aung San Suu Kyi dagegen, dass Myanmars Militär die Staatsgewalt an sich gerissen hat.

(Foto: STR/AFP)

Kambodschas Premier trifft den Chef der Junta in Myanmar - wenige Stunden später erhöht ein Militärgericht die Haft für Aung San Suu Kyi. Für die Glaubwürdigkeit der Asean-Staaten ist der Vorgang verheerend.

Von Arne Perras

Und wieder haben sie der alten Dame ein paar Jahre Haft oben draufgesattelt: Die Machthaber in Myanmar arbeiten eisern ihren Plan ab, die Freiheitsikone Aung San Suu Kyi für den Rest ihres Lebens aus der Politik zu verbannen. Als Werkzeug dienen ihnen militärische Sondertribunale. Ein solches Gericht tagte auch am Montag im Verborgenen und erließ ein drakonisches Urteil, wie bald bekannt wurde: vier weitere Jahre Haft für Aung San Suu Kyi.

Zusammen mit der im Dezember verhängten Strafe addiert sich das zu acht Jahren für die entmachtete Regierungschefin. Zwei Jahre davon hat die Junta inzwischen wieder erlassen, aber das wirkt wie ein zynisches Spiel mit der Gnade. Zählte man die möglichen Strafen für alle vorgebrachten Anklagepunkte gegen Aung San Suu Kyi zusammen, käme eine Haftzeit von mehr als 100 Jahren heraus.

Die Staatsrätin, die bis Februar 2021 die Regierung in Naypyidaw führte, wird im Sommer 77 Jahre alt. Niemand weiß, wie es um ihre Gesundheit steht, nicht einmal ihre Anwälte, die sie gelegentlich treffen, dürfen noch öffentlich über sie sprechen. Die Junta hält sie an einem geheimen Ort gefangen, wann weitere Urteile drohen, ist unklar. Sollten die Generäle der Verurteilten Hausarrest gewähren, anstatt sie in eine Gefängniszelle zu stecken, werden sie dies als einen Akt der Menschlichkeit präsentieren, das kennt Aung San Suu Kyi schon. Sie war bereits 15 Jahre lang in den eigenen vier Wänden eingesperrt, als sie gegen frühere Militärmachthaber aufbegehrte.

Diesmal ist Aung San Suu Kyi für angebliche Verstöße gegen Corona-Bestimmungen und den Besitz von Funkgeräten verurteilt worden, was im Kreis ihrer Anhänger als besondere Farce gilt. Für die Demokratiebewegung, die nur noch aus dem Untergrund heraus agieren kann und teils zum bewaffneten Widerstand aufruft, kommen die immer neuen Urteile keineswegs überraschend.

Die Asean-Absprachen lassen Myanmars Generäle kalt

Das Timing allerdings dürfte die Sorgen der gejagten Demokraten noch vergrößern. Denn nur wenige Stunden zuvor war erstmals ein Staatschef aus dem Kreis der Asean-Länder eingeflogen, um den Chef der Junta zu treffen: Kambodschas Machthaber Hun Sen, dessen Staat in diesem Jahr turnusgemäß den Asean-Vorsitz innehat, war vorgeprescht, trotz vieler Vorbehalte in den anderen Staaten.

Dass sein Besuch die Generäle offenbar in keiner Weise zügelte, dass sie im Gegenteil nur kurze Zeit später Aung San Suu Kyi erneut verurteilen ließen, lässt erkennen, dass die Junta keinen Druck verspürt, den Fünf-Punkte-Plan der südostasiatischen Nationen zur Entschärfung der Krise ernst zu nehmen. Im Gegenteil, es sieht nun so aus, als könnten die Generäle den Kurs weitgehend diktieren.

Hun Sen hatte bei seiner zweitägigen Visite sogar ein silbernes Geschenk an General Min Aung Hlaing überreicht, gemeinsam lächelten die beiden in die Kameras, als wären sie alte Freunde. Kambodschas Außenminister Prak Sokhonn frohlockte, der Besuch habe ein "sehr gutes positives Ergebnis" erzielt und sei "ein Schritt vorwärts". Angeblich hat die Junta zugestanden, den Waffenstillstand mit aufständischen Rebellengruppen zu verlängern. Doch eine Gruppe von Parlamentariern der Asean-Staaten sieht Hun Sens Vorstoß äußerst kritisch. Seinen Trip kritisierten sie als "dreisten und gefährlichen Versuch, die Initiative an sich zu reißen".

Darin spiegelt sich vor allem die Sorge, dass Hun Sen einen Präzedenzfall schafft. Sein Treffen mit Myanmars Machthabern könnte diese international salonfähig machen, und das würde die Schwierigkeiten des Asean-Verbandes noch vergrößern. Hun Sen ist in seiner Heimat ein gefürchteter Autokrat, der die Opposition unterdrückt. Außerdem führt er mit Kambodscha einen der südostasiatischen Staaten an, die eine besondere Nähe zu China pflegen und sich der Umarmung Pekings kaum entziehen können oder wollen.

Ausländische Politiker dürfen nicht mit Aung San Suu Kyi sprechen

Auf demokratische Staaten wie Indonesien, die auch wegen der brutalen Politik gegenüber Muslimen ein gespanntes Verhältnis zu Myanmars Junta haben, dürfte der kambodschanische Vorstoß dagegen wie ein Affront wirken. Denn der zwischen den Asean-Staaten vereinbarte Fünf-Punkte-Plan sieht eindeutig einen umfassenden Dialog mit allen Gruppen in Myanmar vor.

Die Junta aber verweigert Politikern aus dem Ausland den Zugang zu Aung San Suu Kyi. Offenbar stört sich Hun Sen nicht daran. Er ignorierte auch, dass nur wenige Tage vor seinem Besuch eines der schlimmsten Massaker bekannt geworden war, das die Junta seit ihrem Putsch verübt haben soll. Damit erweckt Kambodschas Premier den Eindruck, als habe General Min Aung Hlaing in ihm einen neuen Verbündeten gewonnen. Dass die Asean-Gruppe den Putschisten in Myanmar nun noch geschlossen entgegentreten kann, scheint damit nahezu unmöglich geworden zu sein.

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FILE PHOTO: To match Special Report MYANMAR-GENERALS/FAMILIES

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