Mutmaßlicher Spionagefall beim BND:Merkel zeigt sich beunruhigt

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Ein BND-Mitarbeiter soll für die USA spioniert haben. In Peking äußert sich Kanzlerin Merkel nun erstmals zu dem Fall. Einem Zeitungsbericht zufolge will Innenminister de Maizière deutliche Konsequenzen aus dem Vorfall ziehen.

  • Bundeskanzlerin Merkel äußert sich in Peking erstmals zur Spionage-Affäre; ein BND-Mitarbeiter soll Informationen an die USA weitergegeben haben
  • Innenministerium plant einem Zeitungsbericht zufolge "Gegenmaßnahmen"
  • Bundesregierung lässt Spionagevorwurf prüfen
  • Innenminister de Maizière und Bundespräsident Gauck äußerten sich am Wochenende scharf zur mutmaßlichen US-Spionage in Deutschland

Merkel äußert sich erstmals zu Spionage-Affäre

SZ-Korrespondent Stefan Braun berichtet aus Peking, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel das Thema während ihres Besuchs in Peking eigentlich vermeiden wollte. Der große Ärger in Berlin über die Affäre um den BND-Mitarbeiter, der seit zwei Jahren für einen US-Geheimdienst spioniert haben soll, zwang sie jedoch, Stellung zu nehmen. Sollte sich der Verdacht bewahrheiten, dass der Mann für einen US-Dienst gearbeitet hat, dann "steht das für mich in einem klaren Widerspruch zu dem, was ich unter einer vertrauensvollen Zusammenarbeit der Dienste und auch zwischen Partnern verstehe", sagte Merkel auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang. Insgesamt wertete sie den Fall als "sehr ernsthaften Vorgang".

Ursprünglich wollte die Kanzlerin vermeiden, die USA aus China heraus zu kritisieren. China steht bei deutschen Geheimdiensten selbst seit längerem im Verdacht, eine aggressive Wirtschaftsspionage zu betreiben. Danach gefragt sagte die Kanzlerin, Deutschland lehne das ab und unternehme alles, um sich und seine Unternehmen dagegen zu schützen. "Alles andere gibt es leider auf der Welt. Aber Deutschland glaubt nicht, dass man damit erfolgreich sein kann", betonte die Kanzlerin.

Li Keqiang sagte, China sei wie Deutschland ein Opfer von Cyber-Spionage und lehne derlei entschieden ab. Peking sei gerne bereit, im Kampf dagegen zusammenzuarbeiten. Damit erhielt Chinas Führung ausgerechnet während Merkels Besuch in Peking die Gelegenheit, den Eindruck zu erzeugen, Deutschland und China müssten sich im Anti-Spionage-Kampf gemeinsam der Angriffe aus den USA erwehren. Das sieht Merkel nach wie vor anders.

Deutschland und USA
:Frust über die sturen Verbündeten

Innenminister und Außenminister sind empört über den Spionagefall im BND. Doch die deutlichsten Worte findet Bundespräsident Gauck. Die Kritik an den USA zeigt, dass Berlin den Fall nicht als Lappalie ansieht.

Von Stefan Braun und Nico Fried

Innenministerium soll Konsequenzen gegen USA erwägen

Der Spionagefall beim Bundesnachrichtendienst (BND) führt der Bild-Zeitung zufolge zu einem Umdenken der Bundesregierung. In einem Papier des Innenministeriums, das der Zeitung vorliegt, sei von der "Planung von Gegenmaßnahmen" die Rede, berichtet das Blatt. Dies solle vor allem die Kommunikationsüberwachung betreffen.

Demnach will Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) den Aufklärungsauftrag der deutschen Dienste auf die USA ausweiten. In einer internen Runde habe der CDU-Politiker gesagt, es sei nötig, einen "360-Grad-Blick" zu bekommen. Damit würden auch verbündete Staaten wie die USA oder Großbritannien und Frankreich in den Fokus rücken, schreibt die Bild-Zeitung.

Bundesregierung lässt Spionagevorwurf prüfen

Frank-Walter Steinmeier äußerte sich ähnlich wie Merkel in Peking. Der Außenminister sagte bei einem Besuch in der Mongolei: "Sollten sich die Verdachtsmomente bestätigen, ist das auch politisch ein Vorgang, bei dem man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen kann." Das weitere Vorgehen hänge von den weiteren Erkenntnissen der Ermittlungen ab. Zugleich forderte er die USA auf, sich "mit ihren Möglichkeiten" an der Aufklärung zu beteiligen.

Im ARD-"Bericht aus Berlin" sprach de Maizière am Sonntagabend von einem schwerwiegenden Vorwurf. "Ich erwarte jetzt eine schnelle und eindeutige Reaktion der US-Regierung." Die USA seien Deutschlands wichtigster Partner. Das heiße aber nicht, "dass es eine kritiklose Freundschaft ist", sagte der Innenminister.

Scharfe Reaktionen bereits am Wochenende

De Maizière und Bundespräsident Joachim Gauck hatten am Wochenende scharf auf die mutmaßliche US-Spionage beim BND reagiert. Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch einen 31-jährigen BND-Mitarbeiter festnehmen lassen. In Sicherheitskreisen hieß es, der festgenommene BND-Mitarbeiter habe vermutlich für die CIA gearbeitet.

Erst vor einem Jahr war bekanntgeworden, dass der US-Nachrichtendienst NSA das Handy von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hatte. Der Fall wurde zur Belastungsprobe für die deutsch-amerikanischen Beziehungen. Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts dazu laufen noch.

Ein Untersuchungsausschuss des Bundestages befasst sich zudem mit dem Vorwurf, die NSA habe massenhaft die Kommunikation deutscher Bürger im Internet ausgespäht.

© Süddeutsche.de/Reuters/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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