Süddeutsche Zeitung

Mutmaßlicher Kriegsverbrecher:Anwalt: Mladic zu krank für Tribunal

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Der serbische Ex-General Ratko Mladic soll so schwer an Krebs erkrankt sein, dass er seinen Prozess vor dem UN-Tribunal nicht durchstehen werde. Das behauptet sein Anwalt. Kritiker sprechen dagegen von einer gefälschten Diagnose.

Spekulationen um den Gesundheitszustand des mutmaßlichen serbischen Kriegsverbrechers Ratko Mladic: Nach Angaben seines Anwalts leidet der 69-Jährige an Lymphdrüsenkrebs und kann einen Prozess vor dem UN-Tribunal in Den Haag möglicherweise nicht überstehen.

Mladic-Anwalt Milos Saljic veröffentlichte in der Belgrader Zeitung Press diese ärztliche Diagnose aus dem Jahr 2009. Danach war der Ex-General, der die schwersten Kriegsverbrechen seit 1945 in Europa begangen haben soll, vom 20. April bis zum 18. Juli 2009 in einer Belgrader Klinik zur Operation und anschließenden Chemotherapie. Demgegenüber sagte der Sprecher der serbischen Staatsanwaltschaft, Bruno Vekaric, der Zeitung, die veröffentlichte medizinische Diagnose sei eine Fälschung. Die angebliche Krebserkrankung sei Teil der Verteidigungsstrategie von Mladic.

Schon früher hatten die Strafverfolgungsbehörden dem Anwalt vorgeworfen, die chronischen Krankheiten des 69-Jährigen "aufzublasen". Auf dem ärztlichen Befund steht als Geburtsdatum des früheren Militärführers der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) der 12. März 1943. Demgegenüber führt das UN-Tribunal den Angeklagten unter dem Geburtsdatum 12. März 1942. Aufklärung über das tatsächliche Alter von Mladic wird bei seinem ersten Auftritt vor den Richtern am Freitag erwartet.

Nach Ansicht serbischer Sicherheitsexperten wird wohl niemals herauskommen, wer Mladic, der wegen Völkermords angeklagt ist, eineinhalb Jahrzehnte beim Untertauchen geholfen hat. "Mladic wurde vom Staat versteckt", begründete der Militärexperte Zoran Dragisic seine Erwartung in der Zeitung Danas. Auch bei dem drei Jahre zuvor verhafteten politischen Führer der bosnischen Serben, Radovan Karadzic, sei bis heute nicht das Netzwerk seiner Helfershelfer bekannt.

Mladic wird sich nach Darstellung serbischer Medien am Freitag weder schuldig noch unschuldig bekennen, sondern mehr Zeit für die Vorbereitung seiner Verteidigung verlangen. Im Tribunalsgefängnis verhalte sich der Angeklagte, der stets in Uniform auftrete, sehr kooperativ. Mladic hat bisher noch nicht das Team seiner Verteidiger festgelegt. Die serbische Regierung hat bereits mitgeteilt, sie werde die Kosten der Verteidigung nicht finanzieren.

Der Chefankläger des Tribunals, Serge Brammertz, hatte den bevorstehenden Prozess als einen der wichtigsten des Jugoslawien-Gerichts bezeichnet. Er hatte Mladic zugesichert, er werde alle seine Verteidigungsmöglichkeiten ausschöpfen können. Brammertz bedankte sich bei den serbischen Behörden für die Auslieferung von Mladic. Jetzt müsse auch noch der letzte Flüchtige, der frühere kroatische Serbenführer Goran Hadzic, umgehend festgenommen werden.

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