Süddeutsche Zeitung

Mutmaßlicher Geheimnisverrat:Staatsanwalt soll Interna zu Wulff und Edathy weitergegeben haben

  • Der Ermittler in den Fällen Wulff und Edathy gerät nun selbst ins Visier der Ankläger: Der Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig soll vertrauliche Erkenntnisse weitergegeben haben.
  • In beiden Fällen waren wiederholt interne Ermittlungsergebnisse über verschiedene Medien in die Öffentlichkeit gelangt.
  • Neben Lüttig soll noch eine zweite Person im Fokus der Ermittlungen stehen.

Ermittlungsverfahren gegen Celler Generalstaatsanwalt

Wegen Geheimnisverrats in den Fällen Wulff und Edathy hat die Staatsanwaltschaft Göttingen Ermittlungen gegen den Celler Generalstaatsanwalt Frank Lüttig eingeleitet. Er soll in insgesamt acht Fällen in "strafbarer Weise" Dritte über Geheimnisse informiert haben, sagte Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) im Landtag in Hannover. Neben Lüttig stehe noch eine zweite Person im Fokus der Ermittlungen. Den Namen könne sie aus "ermittlungstaktischen Gründen jedoch nicht nennen", betonte Niewisch-Lennartz.

Sieben Fälle beträfen die Weitergabe von geheimen Informationen aus dem Korruptionsverfahren gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Ein Fall bezöge sich auf das noch laufende Verfahren gegen den früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy. In beiden Fällen waren wiederholt interne Ermittlungsergebnisse bis hin zu kompletten Vernehmungsprotokollen und anderen brisanten Details über verschiedene Medien in die Öffentlichkeit gelangt.

Lüttig war im fraglichen Zeitraum zunächst Leiter der Strafrechtsabteilung im Justizministerium unter Niewisch-Lennartz' Vorgänger Bernd Busemann (CDU) und übernahm dann 2012 etwa drei Monate nach Aufnahme der Ermittlungen gegen Wulff durch die Staatsanwaltschaft Hannover die Leitung der Generalstaatsanwaltschaft in Celle. Diese leitet die Ermittler in Hannover als direkt vorgesetzte Behörde. Lüttig war damit so etwas wie der Chefermittler sowohl im Fall Wulff als auch im späteren Verfahren gegen Edathy, das ebenfalls von der Staatsanwaltschaft in Hannover geführt wird.

"Es gilt die Unschuldsvermutung"

Bereits im Verlauf des Wulff-Prozesses hat es demnach interne Ermittlungen innerhalb der federführenden Staatsanwaltschaft Hannover gegeben, diese waren jedoch ohne Ergebnis eingestellt worden. Vor einigen Monaten hatte schließlich die Staatsanwaltschaft Göttingen zunächst ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen Verletzungen von Dienstgeheimnissen in der Causa Wulff eingeleitet. Im Dezember wurden die Ermittlungen in gleicher Sache auf das Edathy-Verfahren ausgeweitet. "In diesem, wie in jedem anderen Ermittlungsverfahren gilt die Unschuldsvermutung - also auch hier", betonte Niewisch-Lennartz. "So schwer der Vorwurf auch heute auf den Schultern der Justiz lastet, so wichtig ist die vollständige und lückenlose Aufklärung der Vorwürfe."

Der Prozess gegen Wulff endete bereits vor etwa einem Jahr mit einem Freispruch, der Prozess gegen Edathy beginnt am Montag am Landgericht Verden. Ihm wird vorgeworfen, verbotene Kinderpornos über das Internet heruntergeladen zu haben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2359820
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/dpa/mike/ratz
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.