Mutmaßlicher Drahtzieher des Anschlags von Bengasi:Auf der Terrasse statt auf der Flucht

Ahmed Abu Khattala ist von diversen Zeugen als Drahtzieher des Anschlags auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi identifiziert worden. Doch während die Behörden ihn angeblich nicht aufspüren können, trifft er sich seelenruhig mit US-Reportern in einem Hotel.

Barbara Vorsamer

Terroranschlag auf US-Konsulat in Bengasi soll Thema im US-Kongress werden

Ausgebrannte Ruine des US-Konsulats in Bengasi (Libyen). Der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge ist nach wie vor auf freiem Fuß.

(Foto: dapd)

Der richtige Umgang mit dem Anschlag auf das US-Konsulat in Libyen kann wahlentscheidend sein für Präsident Barack Obama. Deswegen bekräftigte er erst vor wenigen Tagen bei einem Statement im Weißen Haus seine Entschlossenheit, die Verantwortlichen für die Attacke zu ergreifen und zur Rechenschaft zu ziehen.

Doch das ist bislang nicht passiert. Ahmed Abu Khattala wurde zwar der New York Times zufolge von diversen Zeugen als Drahtzieher des Anschlags genannt. Bisher wurde er nicht gefasst. Sein Aufenthaltsort sei unbekannt, berichteten mehrere US-Medien unter Berufung auf libysche Behörden.

Gleichzeitig aber trafen sich US-Reporter unbehelligt mit Ahmed Abu Khattala. In einem Hotel in Bengasi sprachen sie bei Mangosaft auf der Terrasse über seine Beteiligung an dem Anschlag. Er habe erst aus dem Medien erfahren, dass er verdächtigt werde, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Die Behauptung, dass er auf der Flucht sei, habe ihn gewundert. "Ich sitze hier, in der Öffentlichkeit, in einem Hotel mit Ihnen", sagte Khattala.

Im Gespräch mit der New York Times bestritt der 41-Jährige eine Beteiligung an dem Anschlag auf das US-Konsulat vom 11. September 2012. Er bestätigte jedoch Zeugenaussagen, denen zufolge er sich zur Zeit der Attacke auf dem Gelände des Konsulats befunden hatte. "Nur weil jemand am Tatort war, heißt das noch lange nicht, dass er dahintersteckte", sagte er zu Reuters. Gegenüber der New York Times ließ er jedoch jegliches Mitgefühl oder Bedauern über die vier Toten, darunter US-Botschafter Christopher Stevens, vermissen. "Ich kannte ihn nicht", lautet sein lapidarer Kommentar.

Zurückhaltend äußerte er sich zu der radikalmuslimischen Gruppierung Ansar al-Sharia, die den Anschlag angeblich durchgeführt hat und deren Kopf er sein soll. Er ließ Sympathien für ihre Ziele erkennen, bestritt jedoch eine Führungsrolle. Ein Mitglied des Terrornetzwerks al-Qaida sei er ebenfalls nicht - es mache ihn aber stolz, wenn ihn jemand mit dem Terrornetzwerk in Verbindung bringe.

Khattala nutzte die Interviews auch, um seine Geringschätzung für die USA und die libysche Übergangsregierung deutlich zu machen. So lachte er über die Idee, die schwachen libyschen Behörden wären in der Lage, die Angreifer vom 11. September 2012 zur Rechenschaft ziehen. Der US-Regierung warf er vor, mit den Gefühlen der eigenen Bevölkerung zu spielen und den Anschlag in Bengasi auszunutzen, um Wählerstimmen zu sammeln.

Der Anschlag auf das amerikanische Konsulat in Bengasi und der Umgang damit sind zu einem entscheidenden Thema im US-Wahlkampf geworden. Die US-Republikaner beschuldigen die Regierung, den Anschlag nicht mit dem weltweiten Terrorismus von al-Qaida in Verbindung bringen zu wollen, weil der Niedergang des Terrornetzwerks als Erfolg von Barack Obamas Politik verkauft werden soll.

Präsident Obama fällt es schwer, stolperfrei über Bengasi zu sprechen. Im Gespräch mit Late-Night-Comedian Jon Stewart am Donnerstagabend wählte er die unglückliche Formulierung: "Wenn vier Amerikaner getötet werden, ist das nicht optimal." #Notoptimal wurde sofort zu einem beliebten Twitterhashtag für Obama-Bashing aller Art.

Doch auch Konkurrent Mitt Romney hat sich in Sachen Libyen schon vergaloppiert. Im zweiten TV-Duell warf er Obama vor, 14 Tage gebraucht zu haben, bis er von einem Terroranschlag auf das US-Konsulat sprach. Da sprang sogar Moderatorin Candy Crowley dem Präsidenten zur Seite und bestätigte, dass diese Aussage Romneys nicht wahr sei.

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