Mussab al-Sarkawi:Statthalter des Terrors

Schon als Kind lief er stets bewaffnet umher, später köpfte er eigenhändig Menschen und wollte Bürgerkrieg im Irak entfesseln. Zuletzt ging der blutrünstige Fanatismus des nun getöteten Terroristen offenbar selbst einigen Mitstreitern zu weit.

Die Mehrheit der Iraker wird bei der Nachricht von seinem Tod aufgeatmet haben. Der jordanische Terroristenführer Abu Mussab al-Sarkawi wurde nach Angaben der irakischen Regierung bei Baakuba bei einem Luftangriff getötet.

Die US-Armee veröffentlicht ein Foto des toten al-Sarkawi

Die US-Armee veröffentlicht ein Foto des toten al-Sarkawi.

(Foto: Foto: dpa)

Die jahrelange Jagd auf den meistgesuchten Mann Iraks hat damit ein Ende gefunden: Als Führer der Terrorgruppe al-Qaida im Zweistromland verübte Sarkawi mit seinen Mitstreitern zahlreiche Anschläge im Irak und in Jordanien. Grenzenlose Brutalität war das Markenzeichen des Fanatikers: Selbst vor der eigenhändigen Enthauptung der US-Geisel Nicholas Berg im April 2004 soll der 39-Jährige nicht zurückgeschreckt sein.

Seine Extremistenlaufbahn startete Fadel Nassal el Chalaileh, so der Geburtsname Sarkawis, schon früh. Bewohner seines Heimatorts Sarka, wo er 1966 geboren wurde, erinnern sich an ihn als einen jugendlichen Hitzkopf mit tätowiertem Arm, der nie ohne sein Messer das Haus verließ.

In jungen Jahren verließ der Schulabbrecher seine Familie und ging nach Afghanistan, wo er in den Trainingslagern der Mudschahedin ausgebildet wurde und in den 80er Jahren gegen die sowjetische Besatzung kämpfte. In den Jahren darauf pendelte er immer wieder zwischen Afghanistan, Pakistan - wo er als Journalist für Zeitungen der Mudschahedin arbeitete - und Jordanien.

In Freiheit dank des neuen Königs

Mit der zunehmenden Liberalisierung der konservativen jordanischen Gesellschaft wurde Sarkawi immer radikaler. Ein Traum seiner Schwester, der ihn zum Dschihad aufrief, soll ihn zusätzlich von seiner Mission überzeugt haben. Mitte der 90er Jahre verurteilte ihn ein jordanisches Gericht zu 15 Jahren Haft wegen illegalen Waffenbesitzes und Mitgliedschaft in einer verbotenen Gruppe. 1999 kam er bei einer Generalamnestie anlässlich der Thronbesteigung von König Abdullah aber wieder frei. Kurz darauf floh er endgültig nach Afghanistan.

Dort soll er im Jahr 2000 zum ersten Mal Osama bin Laden begegnet sein. Ende 2001 zog er in den kurdischen Norden des Irak, wo er sich der al-Qaida-Gruppe Ansar el Islam anschloss.

Nach dem US-geführten Einmarsch im Irak im März 2003 und dem Sturz von Machthaber Saddam Hussein nutzte Sarkawi das entstandene Machtvakuum, um mit seiner Gruppe Tauhid wal Dschidad sein Wirkungsgebiet auszubauen und mit Anschlägen und Entführungen Angst und Schrecken zu verbreiten. Beweise für seinen zweifelhaften Aufstieg:

Während die USA ein Kopfgeld von 25 Millionen Dollar (rund 19,6 Millionen Euro) aussetzten, ernannte ihn Bin Laden im Dezember 2004 zu seinem Statthalter im Irak. Zuvor hatte Sarkawi seine Gruppe in Organisation al-Qaida des Dschihad im Zweistromland umbenannt und sich damit offiziell dem weltweiten Terrornetzwerk angeschlossen.

Sarkawi ist tot, der Terror geht weiter

Sein Hass richtete sich nicht nur gegen die irakische Regierung, weil diese mit den Ungläubigen zusammenarbeitete, sondern auch gegen die im Irak die Bevölkerungsmehrheit stellenden Schiiten. Offen verfolgte der Sunnit Sarkawi dabei die mörderische Strategie, beide Religionsgruppen aufeinander zu hetzen, um so das Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen.

Auch sein Heimatland Jordanien, dessen Justiz ihn wegen verschiedener Anschläge und Verschwörung drei Mal in Abwesenheit zum Tode verurteilte, bekam den Zorn des 39-Jährigen zu spüren: Seine Al-Qaida-Gruppierung verübte im November 2005 Anschläge auf Hotels in der Hauptstadt Amman, bei denen 60 Menschen getötet wurden.

Mit seinem erbarmungslosen Fanatismus ging Sarkawi zuletzt offenbar aber selbst seinen Mitstreitern zu weit.

Nach Angaben des Experten Hudayfa Assam forderte das "Oberkommando des Widerstands im Irak" Sarkawi auf, sein Amt als Al-Qaida-Führer im Irak niederzulegen und keine Anschläge mehr in Nachbarländern des Iraks zu verüben.

Mit dem Tod des Jordaniers hat sich die Forderung erledigt, aber die Gewalt geht weiter. Kurz nach der Bekanntgabe des Todes Sarkawis explodierte in Bagdad eine Bombe: 13 Menschen starben.

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