Pervez Musharraf:Pakistans Ex-Präsident stirbt nach langer Krankheit

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Pervez Musharraf: Der frühere pakistanische Präsident Pervez Musharraf bei einer Konferenz islamischer Staaten im Jahr 2005.

Der frühere pakistanische Präsident Pervez Musharraf bei einer Konferenz islamischer Staaten im Jahr 2005.

(Foto: Zainal Abd Halim/Reuters)

Er stand für einen autoritären Führungsstil, aber auch für die Annäherung an die USA. Der 79-Jährige litt an Amyloidose, einer seltenen Erkrankung.

Von David Pfeifer, Bangkok

Pervez Musharraf, ehemaliger Armeechef und Präsident von Pakistan, sowie Verbündeter von George W. Bush im "War on Terror", ist am Sonntag mit 79 Jahren in einem Krankenhaus in Dubai gestorben. Musharraf litt an Amyloidose, einer seltenen Krankheit, bei der sich ein abnormales Protein in den Organen ablagert und die normalen Funktionen beeinträchtigt. Am Montag soll sein Leichnam zur Beerdigung nach Pakistan geflogen werden.

Premierminister Shehbaz Sharif, Staatspräsident Arif Alvi und die amtierenden Chefs der Armee, Marine und Luftwaffe bekundeten ihr Beileid: "Möge Allah die verstorbene Seele segnen und den Hinterbliebenen Kraft geben." Weniger groß ist die Trauer im verfeindeten Indien, "Musharraf, Verräter der Lahore-Erklärung und Architekt des Kargil-Krieges, stirbt", titelte die Hindustan Times am Sonntag.

Der 1943 in Delhi geborene Pervez Musharraf war vier Jahre alt, als sich seine Eltern dem Massenexodus der Muslime aus Indien in das neu gegründete Pakistan anschlossen. Mit 18 Jahren trat Musharraf in die Armee ein, wo er eine Eliteeinheit leitete und später zu deren Chef aufstieg. Staatschef wurde Musharraf, nachdem er Nawaz Sharif in einem unblutigen Coup abgesetzt hatte, den älteren Bruder des heutigen Premierministers Shehbaz Sharif.

Am Rande eines Atomkriegs

Nawaz Sharif hatte wiederum versucht, Musharraf zu entlassen, weil dieser 1999 eine Operation zur Übernahme des von Indien gehaltenen Kargil-Gebiets an der Line of Actual Control im Gebirge geplant hatte, bei der sich pakistanische Soldaten als Milizen aus Kaschmir verkleideten. Der konventionell ausgefochtene "Kargil"-Konflikt brachte die Nuklearmächte Pakistan und Indien damals an den Rand eines Atomkriegs.

Nach dem Coup regierte Musharraf zunächst als "Chief Executive", bevor er 2001 Präsident wurde. Die Auslandsinvestitionen stiegen, und Pakistan verzeichnete ein jährliches Wirtschaftswachstum von bis zu 7,5 Prozent. Er setzte Rechte zum Schutz von Frauen durch und ließ private Nachrichtensender zu. "Er wird als Militärdiktator bezeichnet, aber es gab nie ein stärkeres demokratisches System als das unter ihm", sagte Fawad Chaudhry, ein alter Weggefährte Musharrafs und heute führender Vertreter der Oppositionspartei, am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters.

Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 unterstützte Musharraf die USA in ihrem Krieg gegen den Terror. Dazu gehörte die Öffnung von Landwegen für Nato-Truppen nach Afghanistan, die Zulassung von US-Luftwaffenstützpunkten und die Entsendung pakistanischer Truppen in die Stammesgebiete im Norden, um al-Qaida und ihre Verbündeten zu bekämpfen. Dreimal hat die al-Qaida versucht, Musharraf zu töten.

Überraschendes Friedensangebot an Indien

Auf einem regionalen Gipfeltreffen im Jahr 2002, weniger als drei Jahre nach der Militäroperation in Kargil, überraschte Musharraf den indischen Premierminister Atal Bihari Vajpayee, als er nach Beendigung seiner Rede auf diesen zuging, um ihm die Hand zu schütteln und ein Friedensgespräch anzubieten. Doch der Friedensprozess geriet nach Musharrafs Amtszeit bald ins Stocken.

Die späteren Jahre seiner Präsidentschaft wurden von seiner zunehmend autoritären Herrschaft überschattet. Im Jahr 2007 wurden mehr als hundert Studenten, die die Einführung der Scharia forderten, getötet, nachdem Musharraf dem Militär befahl, die Rote Moschee und die islamische Schule in Islamabad zu stürmen. Der Vorfall führte zur Gründung einer neuen militanten Gruppe, der Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP), die seither Zehntausende Menschen bei Selbstmordattentaten und Anschlägen getötet hat, zuletzt in der vergangenen Woche in Peschawar.

Im Jahr 2007 löste ein Selbstmordattentat, bei dem die Oppositionsführerin Benazir Bhutto getötet wurde, eine Welle der Gewalt aus. Musharraf verschob die Wahlen und verhängte den Ausnahmezustand. 2008 fanden die ersten demokratischen Wahlen des Landes nach elf Jahren statt. Musharrafs Partei verlor, und da ihm das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren androhte, floh er nach London.

Im Jahr 2013 kehrte er nach Pakistan zurück, um für einen Sitz im Parlament zu kandidieren, das wurde ihm jedoch untersagt. Nawaz Sharif, den er 1999 abgesetzt hatte, gewann. Im Jahr 2016 durfte Musharraf nach Dubai ausreisen. 2019 verurteilte ihn ein Gericht wegen der Verhängung des Ausnahmezustands im Jahr 2007 in Abwesenheit zum Tode, doch das Urteil wurde später aufgehoben. "Ich habe so viel für mein Land und mein Volk getan", beteuerte er 2014 in einem Al-Jazeera-Interview. Ob er etwas bereue? "Nicht im Geringsten."

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