Münchner Sicherheitskonferenz:Schöne Fotos und nette Fragen

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Will mit Facebook "eine Kraft für das Gute" sein: Mark Zuckerberg auf der Münchner Sicherheitskonferenz. (Foto: Getty Images)

Mark Zuckerberg verlebt in München einen entspannten Nachmittag. Kritik bleibt dem Facebook-Chef erspart, weshalb er den Konzern loben und von der Politik mehr Regulierung fordern kann.

Von Matthias Kolb

Es ist eine Begegnung zweier unterschiedlicher Männer. Wolfgang Ischinger, Jahrgang 1946, war früher Spitzendiplomat und leitet seit 2008 die Münchner Sicherheitskonferenz. Als Facebook-Chef Mark Zuckerberg am 14. Mai 1984 geboren wurde, war Ischinger persönlicher Mitarbeiter von Außenminister Hans-Dietrich Genscher. Sie sitzen am Samstagnachmitttag auf der Bühne im Bayerischen Hof auf weißen Drehstühlen und führen ein Gespräch, das unter dem Motto steht "Learn Fast and Fix Things. Social Media and Democracy".

Es ist eine positive Umformulierung des Zuckerberg-Zitats "Move fast and break things" und so ist der Grundton vorgegeben. Mit harten Fragen muss der Milliardär aus dem Silicon Valley also nicht rechnen. Das ist schade, denn es wächst die Zahl derer, die Facebooks Fokus auf Schnelligkeit und Disruption mittlerweile als Gefahr für die Demokratie ansehen. Sie zweifeln, dass der Digitalriese schnell genug lernt und bereit ist, zum Wohle der Gesellschaft Dinge zu tun, die dem eigenen Geschäft schaden könnten.

Zuckerberg betritt die Bühne im Anzug und mit dunkelroter Krawatte. Dass er nicht wie sonst oft Jeans und Sweatshirt tragen würde, hatten seit dem Vormittag viele Fotos gezeigt, die auf Twitter kursierten und auf denen Zuckerberg mit Ex-Außenminister Sigmar Gabriel, Ex-Boxweltmeister Witalij Klitschko und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zu sehen ist.

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Ischinger will zunächst wissen, was Zuckerbergs Unternehmen tun könne, um das Vertrauen der Bürger zu erhöhen, dass die demokratischen Prozesse nicht unterminiert werden. Es folgen viele Zahlen: Jeden Tag entferne das Netzwerk mehr als eine Million Fake-Accounts und im Sicherheitsbereich arbeiten mittlerweile 35 000 Mitarbeiter. Das Budget für den Kampf gegen Propaganda-Kampagnen und andere Manipulationsversuche sei in diesem Jahr höher als der Umsatz von Facebook beim Börsengang im Mai 2012, sagt Zuckerberg. Es geht also um Milliarden: Facebook hatte 2011 Erlöse von gut 3,7 Milliarden Dollar erwirtschaftet.

Zuckerberg gesteht zwar ein, dass die Tech-Branche bei der US-Wahl 2016 zu langsam reagiert habe, aber er gibt sich überzeugt, dass Wahlen sicher gestalten werden können. Im vergangenen Jahr seien etwa 50 Kampagnen gestoppt worden, die über gefälschte Accounts gesteuert wurden. Sorge bereite ihm aber, dass es nicht mehr nur um Hacker-Angriffe gehe, sondern um gezielte (Des-)Informationskampagnen. Ein weiteres Problem sei, dass diese Manipulationen inzwischen auch aus den Ländern selbst geführt würden, in denen Wahlen stattfinden, etwa von Regierungsparteien oder Oppositionen.

Wolodymyr Selenskij, Präsident der Ukraine, und Mark Zuckerberg am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. (Foto: VIA REUTERS)

Wo Facebook reguliert werden will

Mehrfach betont der 34-Jährige seine Überzeugung, dass Facebook "eine Kraft für das Gute" sein wolle, die möglichst vielen Menschen eine Stimme gibt und diese zusammen bringt. Erst kurz vor Ende seines Auftritts kommt Zuckerberg überhaupt dazu, von der Politik mehr Regulierung zu fordern. Er identifiziert vier Bereiche, wo Regierungen eingreifen sollen: Beim Schutz der Integrität von Wahlen, beim Datenschutz, beim Kampf gegen schädliche Inhalte und bei der Datenportabilität. Nutzer sollen also ihre Daten zu anderen Plattformen mitnehmen können, wenn sie Facebook verlassen.

Diese Liste deckt sich mit Vorschlägen, die Zuckerberg vor einem knappen Jahr beschrieben hat, und folgt dem Argument, Firmen wie Facebook sollten nicht entscheiden, was falsch und was richtig sei. Aus diesem Grund hat das Netzwerk beschlossen, Äußerungen von Politikern grundsätzlich von seinem Faktencheck-Programm auszunehmen. Auch hier wäre es spannend gewesen, wenn Zuckerberg mehr Gegenwind bekommen hätte: Konkurrent Twitter etwa hatte Ende Oktober 2019 angekündigt, weltweit keine politischen Anzeigen mehr zuzulassen.

Die halbe Stunde, in der nur Zeit für zwei Fragen aus dem Publikum bleiben, vergeht so schnell mit freundlichem Geplauder, dass Zuckerberg an diesem Tag eine andere wichtige Botschaft gar nicht verkünden kann. Am Freitag hat Facebook bekannt gegeben, dass die Firma bereit sei, künftig mehr Steuern zu bezahlen, "und dies in unterschiedlichen Ländern", wie die SZ berichtet hatte. US-Digitalkonzerne wie Facebook und Google zahlen anders als viele Industriebetriebe auf ihre Milliardengewinne in Europa momentan besonders wenig Steuern, denn traditionell werden die Gewinne von Unternehmen in dem Land besteuert, in dem sie ihren Hauptsitz oder eine Produktion haben.

Digitalkonzerne agieren jedoch über das Internet weltweit. Sie legen ihre Zentralen gerne in Staaten mit niedrigen Steuersätzen wie Irland, Luxemburg oder die Niederlande. Nach Angaben der EU-Kommission zahlen sie effektiv im Schnitt zehn Prozent Steuern, andere Unternehmen dagegen mehr als 20 Prozent. Zu hören, wie Zuckerberg persönlich diese neue Haltung erklärt, wäre interessant gewesen, doch dazu kommt es nicht. Womöglich äußert sich der Facebook-Chef dazu am Montag, wenn er Brüssel besucht, um dort mehrere EU-Kommissare zu treffen.

Der Auftritt in München hat ihm und seiner Firma sicher nicht geschadet - und die Gespräche mit Spitzenpolitikern am Rande der Konferenz verfehlen wohl auch nicht ihre Wirkung.

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