Es ist kurz nach 19 Uhr, als Clemens Ronnefeldt ans Podium tritt. Blauer Pulli, brauner Teint, weißes Lächeln. Er freut sich. Der Saal im Alten Rathaus ist fast voll, vor ihm sitzen etwa 300 Menschen. Viele grauhaarige Damen und Herren, wenige junge Leute. Die Friedensbewegung ist älter geworden, aber es gibt sie noch. Und Clemens Ronnefeldt sagt ihr, was sie hören will. Dass es für eine friedliche Welt ein neues Finanz- und Wirtschaftssystem brauche. Dass "die konfliktverschärfenden Medien gestoppt werden" müssten. Und dass George W. Bush endlich vor Gericht gehöre - für die Folter in Guantanamo.
Seit 13 Jahren findet parallel zur Sicherheitskonferenz die sogenannte Friedenskonferenz statt. Während also im Bayerischen Hof die Politiker und Militärs über eine Sicherheitspolitik beraten, die "auf Dominanz und Machterhalt" (so steht es auf der Homepage der Friedenskonferenz) ausgerichtet ist, treffen sich ein paar Straßen weiter die Mitglieder von Friedensgruppen, um über gewaltfreite Konfliktstrategien zu diskutieren.
Wobei: Es wird nicht diskutiert an diesem Freitagabend, es wird referiert. Nach der Begrüßung durch Moderator Ronnefeldt ist die erste Rednerin dran: Susanne Luithlen vom Forum Ziviler Friedensdienst. Eine Viertelstunde lang erklärt sie eine Studie, "die empirisch fundiert beweist, dass Gewaltfreiheit besser ist als Gewalt."
Scharfe Kritik an IS-Terroristen
Sie spricht von Variablen und reiht Prozentzahlen aneinander. Alles sehr theoretisch. In ihren Aufsätzen klingt Luithlen konkreter. Darin kritisiert sie, dass die internationale Politik die IS-Terroristen als "bestialisch" oder "barbarisch" bezeichnet. Sie fordert, die IS-Kämpfer stattdessen als Menschen anzuerkennen, deren Gewalt vielleicht nur ein Ausdruck ihrer Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Anerkennung ist. Es ist eine heikle These. Aber ist sie deshalb falsch?
Fest steht: Wegen solcher Thesen werden Pazifisten oft als weltfremd und naiv belächelt. Vielleicht haben die Organisatoren der Friedenskonferenz deshalb einen Hirnforscher als zweiten Redner des Abends eingeladen. Weil Naturwissenschaftler selten als weltfremde Naivlinge gelten und meistens als ideologisch unverdächtige Realisten. Überraschend ist es trotzdem nicht, dass auch der Hirnforscher Gewalt für relativ überflüssig hält - und dafür plädiert, "Friedenskompetenz zu entwickeln".
Joachim Bauer, der Hirnforscher, sagt über sich, er gehöre "zu den alten Fossilien, die den Kriegsdienst vor Gericht verweigert haben". Schon hat er das Publikum auf seiner Seite. Applaus. Bravo-Rufe. Dann zitiert er Charles Darwin und enthüllt, dass der Mensch von Natur aus "eine Riesensehnsucht nach Anerkennung und sozialer Verbundenheit" habe.
Die Quintessenz: Terroristen und Kriegstreiber instrumentalisieren diese Sehnsucht und bringen den von Natur aus friedfertigen Mensch dazu, "Böses zu tun, um zugehörig zu sein". Auf diese Weise, sagt Bauer, werde beim Menschen erst Kriegsbereitschaft erzeugt.
"Road Map" für einen Frieden zwischen Russland und der Ukraine
Der letzte Redner ist Karl Grobe-Hagel. Früher war er Journalist, jetzt schreibt er Bücher über die Kriegsführung der Russen und der Amerikaner. An diesem Abend heißt sein Vortrag: "Zivile Alternativen im Ukraine-Konflikt". Grobe-Hagel hat eine "Road Map" entwickelt - einen Plan, wie Schritt für Schritt wieder Frieden hergestellt werden könne zwischen Russland und der Ukraine, aber auch zwischen Russland und den NATO-Staaten. Er vertritt die Idee, dass eine friedliche Lösung möglich ist, wenn sich die Ukraine zur Neutralität zwischen Ost und West verpflichtet - und Russland und die NATO offiziell erklären, diese Neutralität zu respektieren.
Um 21.45 Uhr ist die Veranstaltung offiziell vorbei. Weiter geht die Friedenskonferenz am Samstag um 19 Uhr im DGB-Haus - mit einer Podiumsdiskussion zur Frage "Schutzverantwortung - Herrschaftskonzept oder ein Weg zur Sicherung der Menschenrechte?".