Russland-Affäre:Mueller-Bericht wird teilweise geschwärzt veröffentlicht

President Trump Departs White House For Michigan

Fühlt sich als Sieger: US-Präsident Trump sieht sich entlastet, und die Demokraten wollen über ein Impeachment lieber gar nicht mehr reden.

(Foto: Al Drago/Bloomberg)
  • Der Bericht des Sonderermittlers Mueller, auf den Washington so lange gewartet hat, spielt im politischen Betrieb fast schon keine Rolle mehr.
  • Andere Themen bestimmen die Tagesordnung. Ein neuer Angriff Donald Trumps auf die Gesundheitsversorgung durch Obamacare, zum Beispiel.
  • Das kommt den Demokraten nur Recht, wurde Trump durch den Bericht doch erheblich entlastet - wenn auch nicht vollständig.

Von Hubert Wetzel, Washington

Gemessen an der Aufregung, welche die Ermittlungen von Robert Mueller in den vergangenen zwei Jahren in Washington verursacht haben, ist deren Ende nun erstaunlich still über die Bühne gegangen. Ein vierseitiger Brief des Justizministers William Barr - und schon ist der (aus demokratischer Sicht) schlimmste Politskandal seit Watergate respektive die (aus republikanischer Sicht) übelste politische Hexenjagd aller Zeiten vorbei. In den vergangenen Tagen jedenfalls erregten bereits andere Themen die Gemüter: der neue Anlauf der Trump-Regierung, Obamacare zu kippen, sowie die Ankündigung, Bildungsministerin Betsy DeVos wolle den staatlichen Zuschuss für die Special Olympics streichen.

Vorbei ist damit auch - zumindest auf absehbare Zeit - alles Gerede bei den Demokraten über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump. Seit dem Sieg der Demokraten bei der Kongresswahl im November gab es vor allem vom linken Flügel der Partei laute Rufe nach einem Impeachment. Die Parteispitze war hingegen skeptisch - zu Recht, wie sich nun herausgestellt hat. In Barrs Brief, in dem der Minister die wichtigsten Erkenntnisse von Muellers Untersuchungen zusammenfasst, finden sich keine Belege für einen Gesetzesverstoß, auf dem man ernsthaft ein Amtsenthebungsverfahren aufbauen könnte.

Die Demokraten fordern nun, dass Barr den gesamten Mueller-Bericht veröffentlicht, was bis Mitte April passieren soll, wie Justizminister Barr am Freitagabend ankündigte. Es soll sich um eine redigierte Fassung handeln. Unklar blieb aber zunächst, wie viel in dem knapp 400 Seiten starken Report unkenntlich gemacht wird. Geschwärzt werden müssen zum Beispiel Angaben zu Personen, gegen die zwar ermittelt wurde, aber gegen die keine Anklage erhoben wird. Auch sensible Geheimdienstinformationen dürfen nicht öffentlich gemacht werden. Die Demokraten scheinen zu hoffen, dass in dem Bericht noch einige für Trump peinliche Details vergraben sein könnten. Zwar hat Mueller den Präsidenten und dessen Mitarbeiter laut Barr klipp und klar von dem Verdacht freigesprochen, 2016 im Geheimen mit Russland zusammengearbeitet zu haben, um die Präsidentschaft zu erobern; das heißt: kein sogenannte Kollusion. Doch offenbar weniger deutlich ist Muellers Bericht, was den Vorwurf angeht, Trump habe die Ermittlungen zu seinen Russland-Kontakten stoppen wollen - juristisch ausgedrückt: die Arbeit der Justiz behindert.

US-Präsident Trump teilt nach der Russland-Untersuchung gegen die Demokraten aus

"Ich habe eine bessere Bildung als sie, ich bin klüger als sie, ich ging zu den besten Schulen, sie nicht. Viel schöneres Haus, viel schönere Wohnung, alles viel schöner. Und ich bin Präsident und sie nicht."

Mueller, so schreibt Barr, sei zwar nicht zu dem Schluss gekommen, dass Trump eine strafwürdige Justizbehinderung begangen habe. Er habe den Präsidenten in diesem Zusammenhang aber auch "nicht völlig entlastet". Dieser Halbsatz steht in einem gewissen Widerspruch zu den Äußerungen von Trump und seinen Anhängern im rechten Twitter- und Medienuniversum. Dort ist stets von einem uneingeschränkten, bedingungslosen Persilschein für den Präsidenten die Rede. Doch den hat Mueller Trump offensichtlich eben nicht ausgestellt. Vielmehr enthielt er sich einer Bewertung, ob Trump wegen Justizbehinderung angeklagt werden solle. Diese Entscheidung überließ er Barr; und der entschied dagegen - wo kein Verbrechen sei, da könne es auch keine Justizbehinderung zu dessen Vertuschung geben, so Barrs Argumentation.

Insofern ist zwar denkbar, dass Muellers Bericht für Trump nicht so schmeichelhaft ausfällt wie Barrs Brief. Allerdings sind das wohl eher juristische Feinheiten, die in Washingtoner Kommentatorenkreisen für relevant gehalten werden. Dass Barr wesentliche Erkenntnisse von Mueller unterschlagen hat, um Trump zu schützen, ist unwahrscheinlich. Seine und Muellers Interpretation der Vorgänge decken sich wohl weitgehend.

Und das wiederum bedeutet, dass Trump aus den Russland-Ermittlungen als Sieger hervorgeht - egal was die Demokraten noch an Einzelheiten aus dem Mueller-Bericht herausholen. Damit auch möglichst viele Wähler dieser Ansicht sind, erinnert Trump sie nun bei jeder Gelegenheit an seinen Sieg. "Nach drei Jahren voller Lügen und Verleumdungen ist der ganze Russland-Witz endlich tot", sagte er am Donnerstag bei einem Wahlkampfauftritt.

Trump hat etliche Schlachten um die Abschaffung von Obamacare verloren

Angesichts der Tatsache, dass Mueller und seine fast 60 Ermittler in zweijähriger Wühlarbeit kein handfestes Belastungsmaterial gegen Trump entdecken konnten, stellt sich für die Demokraten nun die Frage, wie aggressiv sie ihre eigenen Untersuchungen im Kongress gegen den Präsidenten vorantreiben wollen. Sollen sie Steuererklärungen Trumps anfordern, um seine früheren Immobiliengeschäfte zu durchleuchten? Viele Wähler könnten das als übergriffige Racheaktion sehen.

Es gibt daher Demokraten, die in Wahrheit heilfroh sind, dass Trump wieder einen Angriff auf die Gesundheitsreform des früheren Präsidenten Barack Obama gestartet hat, auch wenn sie öffentlich darüber klagen. Trump hat schon etliche Schlachten um die Abschaffung von Obamacare verloren. Und wenn die Aufmerksamkeit der Wähler weg von Mueller und hin zum Großthema Gesundheit gelenkt wird, dann kann das den Demokraten nur helfen.

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