Süddeutsche Zeitung

Flüchtlingslager:Griechische Regierung: Migranten haben Feuer in Moria gelegt

Die Regierung in Athen wirft Geflüchteten vor, das Lager auf Lesbos angezündet zu haben. Sicherheitskräfte hindern offenbar Hilfsorganisationen, zu den Menschen am Brandort zu gelangen.

Die griechische Regierung behauptet, dass Migranten den Großbrand im Camp Moria selbst gelegt haben. "Das Feuer wurde von Menschen gelegt, die Asyl beantragt haben - als Reaktion auf die wegen des Coronavirus verhängte Quarantäne", sagte Regierungssprecher Stelios Petsas. Es handele sich um Menschen, die "ihr Gastland nicht respektieren", so Petsas.

Mit solchen Aktionen torpedierten diese Menschen jede Lösung. "Wir sagen es ihnen klipp und klar: Sie werden nicht wegen des Feuers die Insel verlassen. Das können sie vergessen." Gelungen sei den Brandstiftern lediglich, Tausende Menschen - darunter Familien - obdachlos zu machen, kritisierte Petsas. Der Nachrichtenagentur Ana zufolge bleiben aber nicht alle Menschen aus dem Camp auf der Insel Lesbos. Inzwischen wurden demnach 400 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf drei Flügen nach Thessaloniki im Norden Griechenlands gebracht.

Dem Regierungssprecher zufolge sollen in den kommenden Tagen 19 000 Corona-Tests auf Lesbos durchführt werden. Die Sorge vor einem unkontrollierbaren Virusausbruch ist groß: 35 Migranten sind bislang positiv auf das Virus getestet worden, doch infolge des Großbrandes sind sie nicht mehr alle ausfindig zu machen und könnten Tausende andere Menschen anstecken. Die Polizei habe nur acht von ihnen aufgreifen können, teilte die Regierung mit.

Das griechische Fernsehen ERT zeigte erneut Bilder von Menschen, die am Straßenrand lagern und auf Hilfe warteten. Einige Menschen übernachteten auf einem Friedhof. Humanitäre Organisationen und die Behörden planten, Essen und Wasser zu den Menschen zu bringen, hieß es.

Allerdings behindern die Behörden offenbar die Helfer bei ihrer Arbeit. Die beiden Zufahrtstraßen zum Dorf Moria, wo auch das abgebrannte Flüchtlingslager liegt, seien von Militär und Polizei abgesperrt worden, sagte die Berliner Krankenschwester Christine Schmitz dem Evangelischen Pressedienst telefonisch aus der Inselhauptstadt Mytilini.

Es sei angekündigt worden, dass die Armee die Menschen mit drei Mahlzeiten pro Tag und Wasser versorge. "Aber das setzt voraus, dass das Militär weiß, wo die Geflüchteten sind", sagte Schmitz, die seit August für die Hilfsorganisation "Medical Volunteers International" auf Lesbos ist.

"Die griechische Polizei versucht, jegliche Hilfe zu verhindern", sagt der deutsche Helfer

Die Lage sei sehr unübersichtlich, berichtete Schmitz. Die Helfer behandelten einige Menschen aus dem Flüchtlingslager, die es nach Mytilini geschafft hätten. Aber diese wollten nicht über ihre Erlebnisse sprechen. "Die Menschen sind sehr traumatisiert und verzweifelt."

Auch die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" berichtete von Schwierigkeiten, die Geflüchteten zu erreichen. Die Helfer würden durch Straßenblockaden von Bewohnern der Region daran gehindert, ihre Klinik vor dem Lager zu erreichen, erklärte die Organisation. "Wir brauchen Zugang zu den Menschen, die sich noch im zerstörten Lager und in unserer Einrichtung befinden. Medizinische Hilfe zu verhindern, ist völlig inakzeptabel!"

Der Hilfsorganisation "Mission Lifeline" zufolge bringen derzeit Privatleute über Schleichwege Wasser und Nahrung zu den Menschen in Moria. Einsatzleiter Niklas Fischer sagte im ZDF-"Morgenmagazin", viele Geflüchtete hätten auf der Straße übernachtet. Sie seien mit Tränengas daran gehindert worden, in Richtung Mytilini zu laufen. "Die griechische Polizei versucht, jegliche Hilfe zu verhindern."

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