Fall Lübcke:Merkel warnt vor "Verlust der Glaubwürdigkeit"

37. Deutscher Evangelischer Kirchentag

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht auf der Veranstaltung "Vertrauen als Grundlage internationaler Politik?" auf dem evangelischen Kirchentag in Dortmund.

(Foto: dpa)
  • Führende deutsche Politiker haben sich angesichts des Mordfalls Lübcke besorgt geäußert.
  • Kanzlerin Merkel warnt vor einem Verlust der Glaubwürdigkeit von staatlichen Institutionen.
  • Innenminister Seehofer will den Kampf gegen Rechtsextreme verstärken, Außenminister Maas ruft zu Protesten auf.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat im Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU) vor einem Verlust der Glaubwürdigkeit von staatlichen Institutionen gewarnt. Der Fall Lübcke müsse ohne jedes Tabu aufgeklärt werden, sagte die CDU-Politikerin beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund. "Sonst haben wir einen vollkommenen Verlust der Glaubwürdigkeit. Und der ist natürlich das Gegenteil von dem, was wir brauchen, nämlich Vertrauen", sagte Merkel. Daher sei der Staat auf allen Ebenen gefordert. "Und die Bundesregierung nimmt das sehr, sehr ernst."

Merkel erinnerte an ihr Versprechen an die Angehörigen der NSU-Opfer, die Verbrechen vollständig aufzuklären. "Gibt es eben aus diesen Zeiten hier Verbindungen?", fragte sie. Der rechtsextremen Terrorgruppe NSU werden zehn Morde zugerechnet; neun Opfer waren Gewerbetreibende mit türkischen und griechischen Wurzeln. Zudem wurde in Heilbronn eine junge Polizistin erschossen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte zuvor gesagt, er wolle den Kampf gegen den Rechtsextremismus deutlich verstärken. Wenn sich die Annahmen im Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten bestätigten, "ist die Entwicklung brandgefährlich", sagte Seehofer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Der Rechtsextremismus sei "zu einer echten Gefahr geworden". Seehofer stellte den Rechtsextremismus auf eine Stufe mit dem islamistischen Terror und mit der Gefahr durch Reichsbürger.

Verdächtigt, den CDU-Politiker Lübcke möglicherweise aus rechtsextremen Motiven getötet zu haben, wird der 45-jährige Stephan E. Er sitzt in Untersuchungshaft.

"Zeigen wir, dass wir mehr sind als die Rechtsradikalen"

Der Minister kündigte an, er wolle "dem Rechtsstaat mehr Biss geben". Er fügte hinzu: "Dieser Mord motiviert mich, alle Register zu ziehen, um die Sicherheit zu erhöhen." Beim Personen- und Objektschutz müssten alle Ebenen einbezogen werden, auch die kommunale Ebene. "Es ist unsere Pflicht, das Menschenmögliche zu tun, um jene zu schützen, die bedroht werden." Mit Blick auf Hetze und Hass im Netz betonte Seehofer: "Beleidigung, Verleumdung, Volksverhetzung gehören offline wie online verfolgt."

Prüfen will der Minister ferner, Demokratiefeinden Grundrechte zu entziehen. Einen entsprechenden Vorstoß hatte vor wenigen Tagen der ehemalige CDU-Generalsekretär Peter Tauber unternommen. "Wir sind das Verfassungsressort. Wir werden die Möglichkeiten ernsthaft prüfen", so Seehofer.

Außenminister Heiko Maas rief zu Protesten gegen Rechtsextremisten auf. "Zeigen wir, dass wir mehr sind als die Rechtsradikalen, die Antisemiten, die Spalter", schreibt der SPD-Politiker in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung. "Vielleicht braucht unser Land nicht nur die Fridays for Future, die so viel in Bewegung gebracht haben. Sondern auch einen Donnerstag der Demokratie", fügte Maas hinzu. Er betonte: "Wegsehen kann tödlich sein. Wir müssen den Rechtsterrorismus endlich als solchen benennen."

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