Mord im Tiergarten:Schneller Besuch im Gefängnis

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Russische Diplomaten sprachen nach einem Zeitungsbericht mit dem Tatverdächtigen, der einen Georgier erschossen haben soll. Das ist üblich, überraschend ist nur der Zeitpunkt.

Im Fall des Mordes an einem Georgier in Berlin sind weitere Indizien aufgetaucht, die auf eine Beteiligung Russlands deuten könnten. Nach einem Bericht der Wochenzeitung Die Zeit wurde der mutmaßliche Mörder kurz nach der Tat von zwei russischen Diplomaten im Gefängnis besucht. Die beiden Russen sollen sich ausführlich mit dem Verdächtigen unterhalten haben. Das Gespräch fand auf Russisch und ohne Aufsicht statt. Nach dem Übereinkommen über diplomatische Beziehungen ist diese Betreuung erlaubt. Eine so schnelle und intensive Reaktion gilt aber als ungewöhnlich.

Die Ermittlungen zur Tatwaffe ergaben nach Informationen der Zeitung, dass die Pistole der Marke Glock 1996 von Österreich nach Estland verkauft wurde, in den Einflussbereich der damaligen Sowjetunion. Später wurde der Lauf der Waffe ausgetauscht, womöglich, um Spuren zu verwischen. Die Polizei soll davon ausgehen, dass dem Verdächtigen die Waffe auf dem Weg von Warschau nach Berlin übergeben wurde. Die Berliner Staatsanwaltschaft äußerte sich zunächst nicht. Der Russe wird dringend verdächtigt, am 23. August den 40-jährigen Tschetschenen mit georgischer Staatsangehörigkeit in einem kleinen Park in Berlin-Moabit erschossen zu haben. Das Opfer soll Anfang der 2000er-Jahre gegen Russland gekämpft haben.

Der Spiegel hatte berichtet, dass russische Behörden aktiv bei der Schaffung der falschen Identität des mutmaßlichen Mörders mitgewirkt haben sollen. Darauf sollen Sperrvermerke in der Datenbank für nationale russische Ausweispapiere hindeuten. Die Nummer des falschen Reisepasses soll zu einer Abteilung im russischen Innenministerium führen, die in der Vergangenheit Dokumente für den Militärgeheimdienst GRU ausstellte.

Ein russischer Regierungssprecher sagte: "Dieser Fall hat natürlich nichts mit dem russischen Staat und seinen Behörden zu tun." Deutsche Politiker hatten zuletzt Konsequenzen gefordert. Die FDP beantragte, dass der Bundestagsinnenausschuss sich am 16. Oktober mit dem Fall beschäftigen soll. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe verfolgt die Ermittlungen nach eigenen Angaben seit Wochen. Nach der gesetzlichen Grundlage ist die Bundesanwaltschaft dann zuständig, wenn es den konkreten Verdacht gibt, dass hinter einer Tat der Geheimdienst einer fremden Macht stehen könnte.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hieß es, die Tatwaffe wurde 1986 von Österreich nach Estland verkauft. Korrekt ist: Sie wurde 1996 verkauft. Wir haben die entsprechende Stelle korrigiert.

© SZ vom 02.10.2019 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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