Mord an Marwa El-Sherbini in Dresden:"Bloßer Hass auf Nichteuropäer und Muslime"

Noch bevor die Anklage gegen Alex W. verlesen werden konnte, ist es zur ersten Konfrontation mit dem Angeklagten gekommen.

Hans Holzhaider, Dresden

Mit der Verlesung der Anklage hat vor dem Landgericht Dresden der Prozess gegen den 28-jährigen Alex W. begonnen.

Mord an Marwa El-Sherbini in Dresden: Der Angeklagte Alex W. wird in den Gerichtssaal geführt - und zeigt sich zu Prozessbeginn nicht kooperationsbereit.

Der Angeklagte Alex W. wird in den Gerichtssaal geführt - und zeigt sich zu Prozessbeginn nicht kooperationsbereit.

(Foto: Foto: dpa)

Noch ehe Oberstaatsanwalt Frank Heinrich das Wort ergreifen konnte, kam es schon zu einer ersten Konfrontation zwischen dem Angeklagten und der Vorsitzenden Richterin Birgit Wiegand.

Alex W., der an Händen und Füßen gefesselt in den Gerichtssaal geführt wurde, weigerte sich trotz wiederholter Aufforderung, seine Kapuze und seine Sonnenbrille abzusetzen.

Seine beiden Verteidiger redeten längere Zeit auf ihn ein, schließlich nahm er die Kapuze ab, die Sonnebrille aber nicht. Rechtsanwalt Michael Sturm, einer der beiden Verteidiger, bat das Gericht um Verständnis: Sein Mandant habe "ein Interesse daran, hier nicht vollständig erkannt zu werden".

Richterin Wiegand verhängte nach längerem Hin und Her ein Ordnungsgeld von 50 Euro gegen den Angeklagten und kündigte für die nächsten Verhandlungstage weitere Ordnungsmaßnahmen an, falls Alex W. sich weiterhin störrisch zeigen sollte. Dass die Verhandlungsführung nicht leicht werden wird, zeigte sich im weiteren Verlauf: Alex W. weigerte sich beharrlich, seine Personalien anzugeben.

Die Richterin gab sich schließlich mit einem Kopfnicken zufrieden. Die Frage, ob er leibliche Kinder habe, wollte Alex W. nicht einmal mit dieser Geste beantworten, das Gericht kündigte an, Eltern und Geschwister des Angeklagten zur Klärung der Familienverhältnisse zu laden.

16 Stiche in Rücken, Brust und Arme

Ungewöhnlich an dem Verfahren ist die große Zahl der Nebenklägervertreter. Ehemann, Bruder und die Eltern der getöteten Marwa El-Sherbini sind als Nebenkläger zugelassen, insgesamt acht Anwälte vertreten deren Interessen.

Unter ihnen sind auch zwei Rechtsanwälte aus Paris und einer aus Ägypten, die durch EU-Recht und eine erst drei Wochen alte Neuregelung im Opferschutzgesetz berechtigt sind, vor einem deutschen Gericht aufzutreten.

Die Anklage schildert in knappen Sätzen, was sich am 1. Juli in einem Gerichtssaal am Dresdner Landgericht abgespielt hat. Alex W. habe die unmittelbar nebeneinander stehenden Eheleute Marwa El-Scherbini und Elwy Ali Okaz mit einem Messer angegriffen, "um sie zu töten". Marwa sei 16 mal in Rücken, Brust und Arme gestochen worden, dabei wurden Herz, Lunge, Leber und Milz so schwer verletzt, dass die Ägypterin noch am Tatort starb.

Im Video: Vor dem Landgericht in Dresden hat das Verfahren gegen den Mann begonnen, der bei einer vorherigen Verhandlung eine Zeugin getötet hatte. Weitere Videos finden Sie hier

Ihr Ehemann erlitt ebenfalls 16 Stichverletzungen, in Unterkiefer, Hals, Brust und Bauch, sowie einen Durchschuss am Oberschenkel. Dieser wurde von einem Bundespolizeibeamten abgegeben, der aus einem anderen Gerichtssaal herbeigeeilt kam und den Ehemann fälschlicherweise für den Angreifer hielt.

Alex W., so der Staatsanwalt, habe aus bloßem Hass auf Nichteuropäer und Muslime gehandelt, denen er kein Lebensrecht in Deutschland zubillige.

Der Anklageverlesung folgte die Verteidigung von Alex W., die Befangenheitsanträge gegen die Richter stellte. Der Grund: Es bestünden Zweifel an der Unparteilichkeit des Gerichts, weil die Tat in einem Gerichtssaal des Dresdner Landgerichts geschehen sei.

Der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder der Ägypterin hat am Montag unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen begonnen. Um den gesamten Gebäudekomplex des Dresdner Landgerichts ist weiträumig ein Zaun errichtet worden, die unmittelbar anliegenden Straßen wurden für den Verkehr gesperrt. Ein Großaufgebot von 200 Polizisten sichert das Gelände ab.

Journalisten müssen eine Vorkontrolle am Zaun passieren, dann zwei Unterschriften leisten, um den Empfang ihrer Akkreditierung und eines Schließfachschlüssels zu quittieren, dann Uhr, Gürtel, Brille und Schuhe ablegen, ehe sie durch die Pforte des Metalldetektors geschickt werden.

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