Monaco:Der gefällige Milliardär

Die Polizei in Monaco nimmt den Oligarchen Dmitrij Rybolowljew in Gewahrsam - er soll Polizei und Justiz in seiner Wahlheimat bestochen haben.

Von Oliver Meiler, Frank Nienhuysen, Rom/München

Monaco: Der Oligarch: Monacos russischer Präsident Dmitrij Rybolowlew.

Der Oligarch: Monacos russischer Präsident Dmitrij Rybolowlew.

(Foto: Nicolas Tucat/AFP)

Die Polizei des Fürsten kam ohne Voranmeldung, für eine Hausdurchsuchung. Und was für ein Haus sie da durchsuchten: Das Penthouse der Liegenschaft "La Belle Epoque" in Monte Carlo ist offenbar die teuerste Immobilie der Welt, Kostenpunkt etwa 300 Millionen Euro. Unverbaute Sicht auf das Mittelmeer, auf den Yachthafen, einmal im Jahr auch auf die Boliden der Formel 1. Das Penthouse gehört dem russischen Milliardär Dmitrij Rybolowljew, dem Besitzer des örtlichen Fußballvereins AS Monaco. Und den nahmen sie bei der Gelegenheit mit zum Kommissariat, wo er stundenlang in Polizeigewahrsam verbrachte, wie die Zeitung Le Monde herausfand. Für die sonst gerne diskreten Verhältnisse im Fürstentum ist das ein denkwürdiger Vorgang. Weshalb sich die Anwälte des Russen sogleich beklagten, dass die Geheimhaltungspflicht der Ermittlungen verletzt worden sei.

Rybolowljew wird verdächtigt, die Justiz- und Polizeibehörden seiner Wahlheimat mit Geschenken, Einladungen und anderen Gefälligkeiten bestochen zu haben. Ganz neu ist die Affäre nicht, sie schüttelt den kleinen Stadtstaat seit einem Jahr und führte schon zum Rücktritt des Justizministers. Nun aber erfährt die Geschichte eine plötzliche Beschleunigung. Eingeweihte Kreise, die von der französischen Presse anonym zitiert werden, reden von einem "enormen Skandal", in den etliche bekannte Persönlichkeiten verwickelt sein sollen. An Prominenz fehlt es ja nicht: Dieser kleine Flecken Land an der Côte d'Azur mag hübsch gelegen sein - ins Fürstentum ziehen die Reichen dieser Welt aber vor allem, weil man dort keine Steuern zahlt.

Der russische Geschäftsmann und ehemalige Oligarch hatte wohl noch einen anderen Grund. Jedenfalls wurde in Monaco immer spekuliert, Rybolowljew habe es vor allem auf den Pass abgesehen gehabt, von dem er sich ausrechnete, dass er ihn vor internationalen Steuerfahndern schützen würde - und vor dem langen Arm Wladimir Putins.

In den anarchistischen Wirtschaftszeiten nach Ende der Sowjetepoche hatte der frühere Arzt ein Vermögen in der Düngemittelindustrie gemacht. Als Chef des Unternehmens Uralkali wurde Rybolowljew der "Kalikönig" genannt. Nach Monaten im Gefängnis wurde er von einem Gericht vom Vorwurf entlastet, er habe einen Mord in Auftrag gegeben. Er kam frei, verließ Russland und zog in die Welt hinaus, nach Monaco, New York, in die Schweiz.

Fußball interessierte Rybolowljew nicht, er kam aus Perm, dort spielte man vor allem Eishockey. Als aber 2011 der Traditionsverein Monaco am sportlichen und finanziellen Tiefpunkt stand, griff er zu. Für einen symbolischen Euro verkaufte die Fürstenfamilie Grimaldi dem Russen ihr einst liebstes Hobby. Der Fürst und der Retter, sie traten oft gemeinsam auf. Rybolowljew machte den Verein wieder groß. Wie genau, wird bis heute wie ein Lehrstück studiert. Unter seiner Führung kaufte Monaco billig die Dienste von Dutzenden junger Talente ein, brachte sie auf Niveau, bot ihnen eine Bühne und verkaufte sie für sehr viel mehr Geld weiter. Jedes Jahr ging das so, die Gewinnmarge war enorm. Und das Modell funktionierte, weil die Mannschaft auch Titel gewann.

Auch abseits des Fußballs schaffte es der Milliardär spielend, auf spektakuläre Art Gesprächsthema zu bleiben. Zum Beispiel als seine Tochter von einer Onassis-Enkelin die griechische Insel Skorpios kaufte und er selber ein Anwesen von Donald Trump in Palm Beach. Als er versuchte, und scheiterte, am Genfer See das Schloss von Versailles nachzubauen, oder als nach einem Rosenkrieg wegen der gewaltigen kolportierten Summen über die "Scheidung des Jahrhunderts" verhandelt wurde. Aufsehen erregte zuletzt sein Rechtsstreit mit dem Kunsthändler Yves Bouvier, dem der Russe vorwirft, er habe ihn beim Kauf von 38 Werken, darunter Bilder von Picasso und Gauguin, um eine Milliarde Dollar betrogen.

Im Fall des AS Monaco kamen erste Verdächte auf, als klar wurde, dass Rybolowljew oft mit dem mächtigen portugiesischen Spieleragenten Jorge Mendes Geschäfte machte. Aus den "Football Leaks" ging hervor, dass die beiden auf Zypern heimlich einen Investmentfonds unterhielten. Spielertransfers und Leihoperationen müssen ein sehr lukratives Geschäft sein. Nun aber ist der Erfolgsfaden gerissen, die Mannschaft verliert nur noch, steht wieder am Ende der Rangliste. Und Albert II. zeigte sich zuletzt nicht mehr so gerne mit Rybolowljew; wahrscheinlich wusste er, was da dräute. Es soll bereits neue Kaufinteressenten geben. Und der Fürst wäre froh, wenn er die Affäre bald vom Hals hätte, samt dem unbequemen Bewohner des Penthouses im "Belle Epoque".

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