Bei der Parlamentswahl in der Republik Moldau hat die regierende proeuropäische Partei Aktion und Solidarität (PAS) um Präsidentin Maia Sandu ihre absolute Mehrheit verteidigt. Nach Auszählung von mehr als 98 Prozent aller Stimmzettel gewann die PAS mit 49,6 Prozent der Stimmen die parlamentarische Mehrheit. Der russlandfreundliche Patriotische Block des früheren Staatschefs Igor Dodon kam auf 24,5 Prozent, wie die zentrale Wahlkommission in der Nacht zum Montag auf ihrer Internetseite mitteilte.
Die Parlamentswahl in dem verarmten Agrarstaat zwischen EU-Mitglied Rumänien und der Ukraine galt als richtungsweisend. Moldau mit seinen 2,4 Millionen Einwohnern ist seit 2022 EU-Beitrittskandidat.
Die prowestliche Präsidentin Sandu will mit einer Mehrheit proeuropäischer Kräfte Reformen für einen Beitritt zur EU fortsetzen. Im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren musste die PAS aber Einbußen hinnehmen. Vor der Wahl hatte Sandu dazu aufgerufen, für proeuropäische Kräfte zu stimmen. Moldau sei in Gefahr und brauche die „Hilfe von jedem von euch“, sagte sie. Sandu warnt immer wieder vor russischer Einflussnahme auf die Republik.
Den Einzug ins Parlament, in dem 101 Sitze für vier Jahre zu vergeben sind, schafften auch die russlandfreundlichen Kräfte des Blocks Alternativa (8,1 Prozent) und der Partei Nostru des Geschäftsmanns Renato Usatii (6,2 Prozent). Überraschend schaffte auch die einst für eine Vereinigung mit Rumänien gegründete Partei PPDA den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde (5,7 Prozent).Traditionell ist Moldau zwischen einem EU-Kurs und seiner traditionellen Nähe zu Russland hin- und hergerissen.
Lange bevor alle Stimmen ausgezählt waren, hatte Dodon vom Patriotischen Block bereits Protest angekündigt. PAS habe die Wahl verloren, die Opposition habe gewonnen, sagte er noch vor Mitternacht vor dem Gebäude der zentralen Wahlkommission.
Vor allem junge Leute fürchteten bei der Parlamentswahl um ihre Zukunft. „Wir müssen über unsere Zukunft entscheiden, nicht unsere Großeltern und Menschen, die der Sowjetunion hinterhertrauern“, sagte die 31-jährige Mihaela Pirgari am Wahltag. Beim Gedanken daran, dass Moldau den EU-Beitritt möglicherweise nicht weiter verfolgen könnte, kamen ihr die Tränen. Zwei Rentnerinnen berichteten von ihrer kleinen Pension und beklagten, dass die PAS-Regierung nicht genug für sie getan habe. Sie seien nicht gegen die EU, aber sie wollten auch gute Beziehungen zu Russland. An einen EU-Beitritt ihres Landes glaubten sie nicht, sagten sie.
Sandu hatte Russland vor der Wahl massive Einflussnahme im Wahlkampf vorgeworfen. Moldauische Behörden sprachen von russischem Stimmenkauf, Desinformation in sozialen Netzwerken und Cyberattacken. Moskau wiederum warf der Führung in der Hauptstadt Chișinău Manipulation vor – so seien russlandfreundliche Parteien und Kräfte von der Wahl ausgeschlossen worden. Am Wahltag gab es Beschwerden, dass Bürger aus der abtrünnigen Region Transnistrien wegen einer im Zuge einer angeblichen Bombendrohung gesperrten Brücke nicht nach Moldau zur Abstimmung gelangen konnten. Traditionell haben auch die Menschen in Transnistrien mit moldauischem Pass Einfluss auf den Wahlausgang.
In der Republik Moldau streiten proeuropäische und prorussische Kräfte seit Jahrzehnten um den Kurs. Auch in der Hauptstadt Chișinău sagten am Wahltag viele Menschen, dass es nur diese beiden Richtungen für das Land gebe.
Zur Wahl aufgerufen waren auch Hunderttausende Moldauer, die im Ausland leben – viele davon in der EU. Sie haben traditionell einen großen Einfluss darauf, wer in ihrer Heimat regiert. Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt im vergangenen Jahr setzte sich Sandu mit ihren Stimmen gegen Stoianoglo durch.
Das vorläufige Endergebnis wird an diesem Montag erwartet, ebenso eine erste Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die mit Wahlbeobachtern im Einsatz ist.

