Unterstützung für Moldau:Staatskollaps verhindern

Unterstützung für Moldau: Außenministerin Annalena Baerbock (im hellen Trenchcoat) stellt sich am Montag mit den anderen Konferenzteilnehmern fürs Gruppenfoto auf.

Außenministerin Annalena Baerbock (im hellen Trenchcoat) stellt sich am Montag mit den anderen Konferenzteilnehmern fürs Gruppenfoto auf.

(Foto: Florian Gaertner/Imago)

Die Lage in Moldau ist kritisch. Um der instabilen Republik über den Winter zu helfen, sagen 30 Länder auf einer Konferenz in Paris weitere Millionen zu.

Von Paul-Anton Krüger und Kathrin Müller-Lancé, Paris

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte die Unterstützungsplattform für die Republik Moldau nach ihrem Besuch in dem kleinen Nachbarland der Ukraine im März lanciert. Damals flüchteten Hunderttausende Menschen vor den Kämpfen, Zehntausende fanden Zuflucht in den Häusern der etwa 2,6 Millionen Einwohner der ehemaligen Sowjetrepublik. Einen Kollaps des Staates zu verhindern war das Ziel der ersten Minister-Konferenz in Berlin, die Baerbock Anfang April zusammen mit Frankreich und Rumänien ausrichtete.

Das ist bislang geglückt, doch die Lage ist am Tag des dritten Treffens der Plattform am Montag in Paris angespannter als je zuvor. Wie Frankreichs Außenministerin Catherine Colonna sagte, hat Russland die Gaslieferungen an die pro-westliche Regierung in Chișinău drastisch gedrosselt, zuletzt um die Hälfte. Auch seien wegen des russischen Bombardements der zivilen Infrastruktur in der Ukraine von dort keine Exporte von Elektrizität möglich.

Das einzige Kraftwerk des Landes steht in der abtrünnigen Provinz Transnistrien, die weitgehend von Russland kontrolliert wird. So muss Moldau Strom aus Rumänien beziehen, was inzwischen möglich ist - dafür aber Marktpreise bezahlen. "Viele Menschen in Moldau werden in diesem Winter ohne Hilfe nicht in der Lage sein, ihre Rechnungen zu bezahlen", sagte die moldauische Präsidentin Maia Sandu am Montag in Paris. Sie warf Russland eine "hybride Kriegsführung" gegen ihr Land vor.

Im Durchschnitt verdienen Moldauer nur 5100 Euro im Jahr

Die Staatschefin ist in einer schwierigen Lage. Seit Wochen demonstrieren in Chișinău Menschen gegen ihre Regierung. Teils werden sie dafür offenbar bezahlt, zumindest aber angestachelt durch Desinformation Russland-treuer Oligarchen, die von Moskau Geld erhalten, so der wegen Korruption verurteilte Ilan Schor. Sie machen die Regierung verantwortlich für die Inflation, die bei mehr als 35 Prozent liegt, und die Strom- und Gaspreise, für die Moldaus Bürger derzeit bis zu 70 Prozent ihres Einkommens aufwenden müssen - im Durchschnitt liegt das Jahreseinkommen bei 5100 Euro, die Republik ist eines der ärmsten Länder Europas. Zudem sind die traditionellen Absatzmärkte für Agrarprodukte in Russland und der Ukraine weggebrochen.

"Wir haben nicht das Recht, uns der Ermüdung oder Ermattung hinzugeben", sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Montag bei der Konferenz. Moldau zu helfen sei eine Pflicht und die gerechte Anerkennung dessen, was das Land auch für Europa leiste. Ziel des Treffens in Paris war laut der französischen Außenministerin Colonna, Moldau zu helfen, mit den Kriegsfolgen umzugehen und den Winter zu überstehen; dazu wurden weitere Finanzhilfen der mehr als 30 teilnehmenden Länder erwartet.

Baerbock sagte nach Informationen aus der deutschen Delegation zusätzliche 32,35 Millionen Euro seitens der Bundesregierung zu; der Großteil kommt mit 28,7 Millionen Euro aus dem Etat von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD). Das Geld soll unter anderem für die Stärkung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz eingesetzt werden und Moldau helfen, aus der Abhängigkeit von Energie aus Russlands herauszukommen. Zudem soll den Kommunen geholfen werden bei der Unterstützung von Flüchtlingen aus der Ukraine.

Moldau ist seit Juni EU-Beitrittskandidat

Bei der Konferenz in Berlin im April und einem weiteren Treffen im Juli in Bukarest hatte Moldau Zusagen von insgesamt etwa 1,2 Milliarden Euro erhalten. Es handelt sich zum Teil um Budgethilfen, Projektmittel, zinsgünstige Kredite und längerfristige Förderung etwa im Energiesektor. Das Geld ist zum Teil noch nicht vollständig abgerufen, wird aber nach allen Schätzungen bei weitem nicht reichen. Die Energiesubventionen könnten den Staat in den Bankrott treiben.

Zugleich kündigte Colonna an, Moldau mit einem Arbeitsprogramm für Reformen bei weiteren Schritten auf seinem weiten Weg "in die große europäische Familie" unterstützen zu wollen. Die EU hatte Moldau im Juni zusammen mit der Ukraine zum Beitrittskandidaten erklärt. Die europäische Perspektive ist das beste Argument der Regierung gegen ihre pro-russischen Widersacher, allerdings nur, wenn sie die Lebenshaltungskosten für die Bevölkerung unter Kontrolle bringen kann. Andernfalls ist fraglich, ob die vierte Konferenz wie geplant im kommenden Jahr in Chișinău wird stattfinden können. Schon im März, als Baerbock Sandu in Chișinău besuchte, war der Präsidentenpalast dort nicht geheizt, um Energie zu sparen.

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