Möglicher Terrorangriff:Was wäre, wenn in Deutschland ...

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GSG9-Einheiten aus der Luft und ein Feldlazarett auf dem Marienplatz: Ein mögliches Szenario, wie München auf einen Terrorangriff reagieren würde.

M. Kotynek und M. F. Serrao

Bei der Notrufzentrale der bayerischen Landeshauptstadt klingelt das Telefon: "Bewaffnete Männer haben das Hotel gestürmt, sie schießen um sich, es brennt."' Ein Horrorszenario.

Hubschraubereinsatz in Mumbai: Auch bei einem Terrorangriff in München würden GSG9-Einheiten aus der Luft anrücken. (Foto: Foto: dpa)

Was wäre, wenn ein Angriff wie der im indischen Mumbai in einer deutschen Großstadt, etwa in München, passieren würde? Wenn hier Restaurants und Luxushotels Ziele einer bislang unbekannten islamistischen Terrorgruppe werden würden? Ein solches Szenario fiele unter das, was deutsche Rettungskräfte einen "Massenanfall von Verletzten" nennen, kurz Manv.

Nach dem ersten Notruf würde die Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums München umgehend das Kommando übernehmen - und dort bliebe es auch bis zum Schluss der Operation. Die ersten Polizisten am Einsatzort würden die Straßen rund um die betroffenen Hotels absperren und die Umgebung evakuieren.

Kurz darauf träfen dann Beamte eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) ein. Jedes Bundesland hat mindestens ein Kommando, in Bayern gibt es zwei. Die Spezialkräfte sind ausgebildet, Geiseln zu befreien und Terroristen festzunehmen. Bei einem so großen Terroranschlag müsste der Freistaat sicherlich auch bei den benachbarten Bundesländern oder beim Bund, in dem Fall beim Bundesinnenministerium, Unterstützung anfordern. Die Länder entsenden daraufhin ihre eigenen SEK; der Bund verständigt das Bundespolizeipräsidium in Potsdam, welches dann das Spezialeinsatzkommando GSG9 losschickt.

Die Sondereinheiten der Polizei sind nach dem Terroranschlag bei den Olympischen Spielen im Jahr 1972 in München gegründet worden. Ihre Beamten tragen im Einsatz Helme, Schutzwesten sowie Sturmmasken und sind mit Pistolen oder Maschinenpistolen ausgerüstet. Weil es bei Geiselnahmen, wie der hier skizzierten, besonders schnell gehen muss, kämen die Beamten von SEK und GSG9 mit Hubschraubern an die Einsatzorte.

Bundeswehr darf wenig

Wenn die Attentäter, wie in Mumbai, Sprengsätze zünden würden, eilten auch sogenannte Schnelleinsatzgruppen von Feuerwehr und Rettungskräften zu Hilfe. Das Kommando über diese Katastrophenschutzeinheiten liegt formal beim Oberbürgermeister der Stadt oder dem Landrat jenes Landkreises, in dem sich der Einsatzort befindet.

Bei einem Terrorangriff im Freistaat würde aber das Bayerische Innenministerium mit großer Wahrscheinlichkeit die Einsatzleitung übernehmen. Neben dem Technischen Hilfswerk könnte die Landesregierung auch die Bundeswehr anfordern. Letztere dürfte aber nur Sanitätsdienste leisten, etwa am Münchner Marienplatz ein Feldlazarett einrichten, um dort Verletzte zu behandeln. Den Soldaten wäre es nicht erlaubt, sich an Kampfhandlungen zu beteiligen.

Reicht die Ausrüstung der lokal verfügbaren Einsatzkräfte nicht aus, was im Falle eines solchen Terrorangriffs wahrscheinlich wäre, könnte Bayern zusätzlich auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn einschalten. Die Behörde stellt beispielsweise Betten für Schwerverletzte mit Brandwunden zur Verfügung. Das BBK könnte später, nach der Befreiung der Geiseln, auch bei der psychologischen Betreuung der Opfer und ihrer Angehörigen helfen.

Obwohl Polizeieinsätze in Deutschland Ländersache sind, würde sich bei einem solchen Terrorangriff mit Sicherheit auch der Bund rasch einschalten. Parallel zur Einsatzzentrale in München würde das Bundesinnenministerium in Berlin einen Krisenstab einberufen, der prinzipiell auch an einem anderen Ort tagen kann. Wichtig sind dabei nur kurze Wege zu den beteiligten Sicherheitsbehörden und zur politischen Führung.

Die Informationen aller an der Terrorabwehr beteiligten Behörden laufen im "Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum" (GTAZ) in Berlin ein, einem Zusammenschluss von 40 Bundes- und Landesbehörden. Nachdem die Spezialeinheiten der Polizei im günstigen Fall die Geiseln befreit und die Attentäter überwältigt haben, kann der Generalbundesanwalt in Karlsruhe die Ermittlungen einleiten - und Anklage erheben.

© SZ vom 29.11.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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