Süddeutsche Zeitung

Möglicher Nachfolger von Hugo Chávez:Der Chauffeur übernimmt das Steuer

Hugo Chávez war sein "Lehrer" und "Meister": Nicolás Maduro. Bald könnte ihn der ehemalige Busfahrer ersetzen. Er bemüht sich. Nicht nur äußerlich.

Von Peter Burghardt

Früher steuerte Venezuelas neuer Anführer einen Nahverkehrsbus in Caracas. Hugo Chávez erinnerte gerne daran, als es um seine mögliche Nachfolge ging. Vor seinem vierten Wahlsieg im Oktober ließ er seinen damaligen Außenminister Nicolás Maduro einmal sogar sein Wahlkampfgefährt lenken, das hatte bereits einige Symbolkraft. Danach ernannte der todkranke Präsident Maduro zu seinem Stellvertreter: "Schau', wohin der Nicolás unterwegs ist", sagte Chávez. "Er war Busfahrer, die Bourgeoisie hat sich über ihn lustig gemacht." Als der Krebspatient schließlich zu seiner letzten Operation nach Kuba aufbrach, machte er den Vize noch schnell zum Statthalter und Erben. Falls er nicht weitermachen könne, bat der Comandante, dann möge man Maduro zum Präsidenten wählen.

Jetzt ist es so weit, der einstige Chauffeur übernimmt das Steuer der Nation. Der 50 Jahre alte Politiker führte bereits seit Chávez' Abschied nach Havanna am 10. Dezember das Wort, und er überbrachte Venezuela und dem Rest der Welt am Dienstag die Nachricht vom Tod. Im weißen Hemd erklärte Maduro, dass Chávez im Militärkrankenhaus seiner Krebskrankheit erlegen sei. "Heute um 4 Uhr 25 ist der Kommandant-Präsident Hugo Chávez Frías gestorben", sprach der großgewachsene Mann. Seine tiefe Stimme zitterte. Es war der schwerste Auftritt des nun obersten Funktionärs der Republik. Maduro fehlt zwar das Charisma seines verstorbenen Vorgesetzten, aber er bemüht sich, mit seinem buschigen Schnauzbart eine Art Ersatz-Chávez werden.

Dem Staatschef war er stets loyal verbunden, Maduro nennt Chávez seinen "Lehrer" und "Meister". Beim gescheiterten Putschversuch 1992 stand Maduro Chávez zwar noch nicht zur Seite, er war damals Gewerkschafter der Metro von Caracas. Doch seine Frau Cilia Flores verteidigte den inhaftierten Rebellen. Später half der Marxist Maduro dem Putschisten beim Aufbau jener Bewegung, die 1998 die Wahl gewann. Er wurde Abgeordneter und Parlamentssprecher, das Amt übernahm anschließend seine Gattin, die heutige Generalstaatsanwältin. 2006 kürte ihn Chávez zum Außenminister. Maduro pflegte die Freundschaft zu Russland, China und Iran sowie zu den linken Regierungen der Region, vor allem zu den Kubanern Raúl und Fidel Castro. Weniger gut versteht Maduro sich hingegen mit den USA. Er warf Washington sogar vor, Chávez' Krebs provoziert zu haben.

Bei der bevorstehenden Neuwahl trifft Maduro auf den Oppositionsführer Henrique Capriles, dank der immensen Verehrung für den Mythos Chávez ist er jedoch der Favorit. Voraussichtlich wird also Maduro der neue Herr über Venezuela werden. Am Mittwoch begleitete Maduro den Sarg des Toten von der Klinik bis zur Aussegnung in der Militärakademie, acht Kilometer Weg, sieben Stunden lang durch ein Meer in Rot. Am Freitag ist er Gastgeber des Staatsbegräbnisses für den Caudillo, den er ersetzen soll.

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SZ vom 08.03.2013/vks
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