Das endlose Töten in Syrien hat Deutsche sehr unterschiedlicher politischer Überzeugungen in den vergangenen zwei Jahren im Gefühl der Ohnmacht vereint. Als einzige Gewissheit in dem komplizierten Konflikt teilten sie die Einsicht, dass die Opfer zu beklagen seien, ihnen aber von außen nicht wirklich geholfen werden könne. Auch der Einsatz von Giftgas konnte, wiewohl ein Zivilisationsbruch, diese Gewissheit nicht erschüttern. Nun aber, da Amerikaner, Briten und Franzosen sich zu einer militärischen Antwort durchringen, muss Deutschland das tun, was die Bundesregierung gerne vermieden hätte: Nach Kosovo, Afghanistan, Irak und Libyen muss Berlin wieder einmal Position beziehen zur militärischen Gewalt als Mittel der Politik.
Die Bundeskanzlerin und ihr Außenminister haben damit bereits begonnen, indem sie neuerdings für den Fall erwiesener Schuld des Regimes Konsequenzen befürworten, von denen klar ist, dass sie militärischer Art sein werden. Das haben nicht die schrecklichen Bilder aus Damaskus bewirkt, sondern die Nachrichten vor allem aus Washington. Angela Merkel und Guido Westerwelle sahen sich gezwungen, auf einen raschen Stimmungsumschwung bei den Verbündeten zu reagieren. Nach den Erfahrungen mit der deutschen Enthaltung vor dem Libyen-Einsatz will die Bundesregierung diesmal jeden Anschein eines Bruchs vermeiden.
"Den" Westen gibt es gar nicht
Dabei wird die deutsche Position diesmal nur scheinbar eine völlig andere sein. Auch 2011 hatte die Kanzlerin den Alliierten viel Erfolg gewünscht in Libyen. Ihr Hauptanliegen aber war es gewesen, eine deutsche Beteiligung auch wegen bevorstehender Landtagswahlen auszuschließen. Diesmal erübrigt sich - obwohl in wenigen Wochen der Bundestag gewählt wird - diese Sorge. In den amerikanischen Überlegungen für begrenzte Angriffe auf syrische Einrichtungen spielt deutsche Hilfe mit ziemlicher Sicherheit keine Rolle. Von Deutschland erwarten die USA politische Unterstützung. Was konkrete Planungen angeht, so stehen die Partner in London und Paris bereit.
Deshalb wäre es auch eine grobe Übertreibung, nun von einer Reaktion des Westens auf den Giftgasangriff von Damaskus zu sprechen. "Den" Westen gibt es gar nicht, jedenfalls nicht als militärischen Verbund, der in diesem Fall gemeinsam handeln könnte. Die großen Bündnisse des Westens, die Nato und die Europäische Union, sind in die Entscheidungen dieser Tage nicht eingebunden. Sie werden bestenfalls um ihr Plazet gebeten.