Mögliche Nachfolger von Obama:Die Bushs melden sich zurück

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Bis zum Jahresende will Jeb Bush entscheiden, ob er sich um das Amt des US-Präsidenten bewirbt.

(Foto: Peter Foley/Bloomberg)

Es ist Washingtons liebstes Ratespiel: Wer folgt Barack Obama nach? Nun erwägt der Bruder des ehemaligen Präsidenten George W. Bush, sich um das Amt zu bewerben - mit Jeb Bush scheinen die Amerikaner den Bush-Clan wiederzuentdecken.

Von Nicolas Richter, Washington

Barbara Bush hält nicht viel davon, dass ihr Sohn Jeb ins Weiße Haus ziehen könnte. Die Bushs hätten dort genug Zeit verbracht, sagte sie einmal. Nun ist Barbara Bush 88 Jahre alt und Jeb, ihr Sohn, 61, was aber nichts an dieser Gesetzmäßigkeit ändert: Experimente im Leben sind erst dann so richtig interessant, wenn die eigene Mutter sie ablehnt. Jeb Bush hat nun angekündigt, dass er sich die Möglichkeit zumindest offenhält: Bis Ende des Jahres wird er entscheiden, ob er 45. Präsident der USA werden möchte.

Darin liegt eine gewisse Logik, denn sein Vater George Herbert Walker Bush war der 41. Präsident und sein Bruder George Walker der 43. Andererseits hat der jüngere George mit zwei Kriegen und einer Finanzkrise nicht den besten Eindruck hinterlassen, und lange schien es so zu sein, als habe das Land endgültig genug von dem Clan. Barbara Bush beschrieb das Gefühl am besten: Jetzt seien mal andere Familien an der Reihe.

Oder doch nicht. In Washingtons liebstem Ratespiel - wer wird Nachfolger Barack Obamas? - ist der Name Jeb Bush zwar schon immer gefallen, aber es gab meist interessantere, ungewöhnlichere Typen. Den jugendlichen Marco Rubio, den polternden Chris Christie, den libertären Rand Paul. All die wilden Kerle aber kämpfen inzwischen mit sich selbst. Rubio hat die rechte Parteibasis beleidigt, weil er zu einer Einwanderungsreform riet, Christies Mannschaft hat den Führungsstil ihres Chefs so sehr verinnerlicht, dass sie Autofahrer schikanierte, und Paul ist als freiheitlicher Wendehals vielen Konservativen ohnehin suspekt.

Weder Eskapaden noch Lausbubencharme

Nun, da sich die schillernden Figuren erst einmal verausgabt haben, scheint die Partei den Reiz des Zuverlässigen neu zu entdecken. Strippenzieher und Spender werben jetzt offenbar entschlossen um Bush, weil jene, die bisher als Stars galten, vielleicht doch keine sind. Jeb (der Rufname Jeb besteht aus seinen Initialen, sie stehen für John Ellis Bush) hat sich als junger Mann die Eskapaden seines älteren Bruders George W. gespart, er studierte Lateinamerikanistik in Texas und ging nach Florida in die Politik. Er überzeugte linientreue Konservative wie Latinos und regierte den Staat von 1999 bis 2007. Kein anderer Republikaner hat es geschafft, als Gouverneur in Florida wiedergewählt zu werden.

Erkennbar sind freilich auch seine Schwächen. Seit Jahren ist er weitgehend ein politischer Frührentner, der über die Ideologisierung seiner Partei klagt. Der starke Einfluss der Tea Party ist ihm zuwider. Persönlich fehlt ihm der Lausbubencharme seines älteren Bruders. Inhaltlich dürfte er der Parteirechten verdächtig sein. Er befürwortet eine Reform des Einwanderungsrechts zugunsten von Millionen illegalen Immigranten. Jüngst erklärte er, ein illegaler Grenzübertritt geschehe weniger aus bösem Willen denn aus "Liebe" für die Familie. In den Vorwahlen, wenn er sich der rechten Basis stellen muss, dürfte er diese Worte bereuen. Der ehemalige republikanische Kandidat für das Weiße Haus, Mitt Romney, hatte die Vorwahlen gewonnen, indem er hart und abweisend über Einwanderer sprach.

Bush hat am Wochenende gesagt, dass er nur antrete, wenn er Interesse spüre an einer "optimistischen" Botschaft und nicht bloß an einer Schlammschlacht. Er möchte sich treu bleiben dürfen. Er ist mit einer Latina verheiratet und hat mit ihr drei Kinder. Er wird den Illegalen im Land wohl nicht empfehlen, sich "selbst abzuschieben", wie es Romney einst tat, um die Tea Party zu besänftigen. Bush wird sich also, wenn überhaupt, zu seinen Bedingungen bewerben. Die Partei hat sich am Ende zwar meist für den soliden, erfahrenen Kandidaten entschieden, aber Bush scheint darauf zu setzen, dass er dieses Zwischenziel auch erreichen kann, ohne sich so zu verrenken wie einst Romney.

Eine etablierte Marke

Jeb Bush ist an einer Kandidatur offenbar ernsthaft interessiert. Er bereist das Land, unterstützt mit etlichen Auftritten seine Parteifreunde, die sich im Herbst der Kongresswahl stellen müssen - und hilft sich damit auch selbst. Unlängst reiste er nach Las Vegas, wo der Milliardär und Großspender Sheldon Adelson Hof hielt. Mit der Entscheidung aber lässt er sich Zeit, und er kann sich das leisten, weil die Marke Bush ja schon etabliert ist.

Die Amerikaner scheinen ihre Bushs überhaupt wiederzuentdecken. Bush Senior gilt im milden Licht der Geschichte mittlerweile als weiser Staatsmann, der geschickt den Kalten Krieg abwickelte. Auch George W. ist beliebter als am Ende seiner Amtszeit. Er hat die Politik ganz und gar aufgegeben, zuletzt fiel er nur noch als Maler auf. Anders als sein einstiger Vize Dick Cheney scheint er in der Lage zu sein, die ideologischen Schlachten der Vergangenheit hinter sich zu lassen.

Kann sich das Land der immerwährenden Neuerfindung gleichwohl so viel Dynastie an der Spitze vorstellen - drei Republikaner namens Bush hintereinander im Weißen Haus? Neuerdings sagt Barbara Bush: Das sei "vielleicht doch okay". Und die Demokraten machen es ja schließlich auch nicht anders. Jeb bekäme es in der Hauptwahl sehr wahrscheinlich mit Hillary Clinton zu tun, der Frau des 42. Präsidenten. Bush gegen Clinton - es klingt, als würden die Neunziger aufs Neue beginnen.

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