Mögliche Begnadigung Klars:Bundesanwaltschaft will RAF-Zeugen befragen

In den Fall Klar kommt Bewegung: Der Ex-Terrorist soll einen Brief an Horst Köhler geschickt haben. Justizministerin Zypries reagierte derweil auf einen SZ-Beitrag des Sohnes von RAF-Opfer Buback: Die Bundesanwaltschaft soll mit dem bislang anonymen Informanten Bubacks sprechen.

Ralf Husemann

Die Bundesanwaltschaft will den neuen Hinweisen zur Aufklärung des Mordes an Siegfried Buback durch die RAF im Jahr 1977 nachgehen. Das kündigte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) am Mittwoch in Berlin an. Der Sohn des früheren Generalbundesanwalts, Michael Buback, hatte in einem Beitrag für die Süddeutsche Zeitung geschrieben, er habe Informationen "aus dem Bereich der RAF" erhalten, wonach der Exterrorist Christian Klar 1977 nicht die tödlichen Schüsse auf seinen Vater abgegeben habe.

Zypries sagte, dass die Bundesanwaltschaft den Informanten zu einem Gespräch einbestellen werde, um den Sachverhalt zu erörtern. Bundespräsident Horst Köhler liegt ein Gnadengesuch von Klar vor, über das er am Mittwoch unter anderem mit Michael Buback sprach. Buback hat sich in der SZ für eine Begnadigung Klars ausgesprochen.

Das Landgericht Karlsruhe will in Kürze über einen Antrag Klars auf Hafterleichterungen entscheiden. Die zuständige Kammer werde voraussichtlich in den nächsten Tagen zu einem Beschluss kommen, sagte ein Gerichtssprecher am Mittwoch. Klar will mit dem Antrag Hafterleichterungen durchsetzen, die ihm zunächst in Aussicht gestellt worden waren, dann aber vom baden-württembergischen Justizminister Ulrich Goll (FDP) gestoppt wurden, nachdem Klar in einem Grußwort an die Rosa-Luxemburg-Konferenz Mitte Januar klassenkämpferische Töne angeschlagen hatte.

In einem Brief an Bundespräsident Köhler hat Klar nach einem Bericht des Berliner Tagesspiegels sein umstrittenes Grußwort erläutert. Klar zeige sich darin von der Heftigkeit der Debatte irritiert, heißt es. Er verweise darauf, dass das Grußwort auf Wunsch des ehemaligen PDS-Bundestagsabgeordneten Heinrich Fink verfasst worden sei, der den Text auf der Konferenz verlesen hatte.

In dem Grußwort am 13.Januar hatte Klar die Hoffnung geäußert, dass die Zeit gekommen sei, "die Niederlage der Pläne des Kapitals zu vollenden und die Tür für eine andere Zukunft aufzumachen". Justizminister Goll hat wegen des Grußworts einen zweiten Gutachter eingeschaltet, der überprüfen soll, ob von Klar noch Gefahr ausgehe. Die Expertise wird vom Berliner Psychiater Hans-Ludwig Kröber erstellt.

Ein erstes Gutachten des Freiburger Kriminologen Helmut Kury war für Klar positiv ausgefallen. Klars früherer Anwalt Michael Schubert sagte der SZ, die Ansicht, wegen des Grußwortes dürfe Klar nicht begnadigt werden, sei "absurd". Für Klars Kritik am Kapitalismus gebe es "heute mehr Anlass denn je".

Klar sitzt seine lebenslange Freiheitsstrafe in der baden-württembergischen Justizvollzugsanstalt Bruchsal ab. Er ist seit 24 Jahren inhaftiert. Über den Gerichtsweg könnte er frühestens im Januar 2009 frei kommen. Erst dann hat er die gerichtlich festgesetzte Mindesthaftdauer von 26 Jahren verbüßt.

Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass sprach sich dafür aus, dass Bundespräsident Köhler Klar im Gefängnis besucht. "Der Bundespräsident ist ein mutiger Mann; er hat wiederholt unbequeme Entscheidungen vertreten", sagte Grass in einem Interview mit den Stuttgarter Nachrichten. Grass, der sich lange Zeit politisch für die SPD engagiert hatte, mahnte zugleich eine Erneuerung der Demokratie an.

Deutschland brauche "ein neues 68", sagte er im Hinblick auf die außerparlamentarische Opposition vor 40 Jahren. Das Ziel müsse sein, "dass das Parlament wieder ein handlungsfähiges Instrument der Bürger wird".

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