Mögliche Auslieferung an Deutschland:USA nehmen mutmaßlichen KZ-Wachmann fest

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Die deutsche Justiz wirft ihm Beihilfe zur Ermordung Hunderttausender Juden vor: Die amerikanischen Behörden haben einen mutmaßlichen ehemaligen KZ-Wachmann in Haft genommen. Nun muss über seine Auslieferung entschieden werden.

  • US-Behörden verhaften 89-jährigen mutmaßlichen KZ-Wachmann
  • Richter lehnt Freilassung auf Kaution ab
  • Beschuldigter bestreitet die Vorwürfe
  • Anwalt weist auf schlechten Gesundheitszustand hin

Vorwurf der Beihilfe zur Ermordung Hunderttausender Juden

Die US-Behörden haben einen 89-jährigen gebürtigen Tschechen verhaftet, dem die deutsche Justiz Beihilfe zur Ermordung Hunderttausender Juden im Konzentrationslager Auschwitz vorwirft.

Der Anklageschrift zufolge geht es um 158 Züge voller Juden aus Deutschland, Ungarn und der ehemaligen Tschechoslowakei.

Freilassung auf Kaution abgelehnt

Der 89-Jährige erschien am Mittwoch in Philadelphia vor einem Richter und soll mindestens bis zum nächsten Gerichtstermin Mitte August in Haft bleiben, sagte eine Anwaltssprecherin. Eine Freilassung auf Kaution sei ihm wegen der Schwere der ihm zur Last gelegten Taten verweigert worden. Am 21. August werde es eine gerichtliche Anhörung über die mögliche Auslieferung nach Deutschland geben.

Beschuldigter gibt zu, bei der Waffen-SS gewesen zu sein

Die deutsche Justiz hatte 2012 ein Ermittlungsverfahren gegen den Mann eingeleitet. Sie wirft ihm vor, als Wachmann im KZ Auschwitz 1944 an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen zu sein. Der Beschuldigte räumte bisher ein, als 17-Jähriger Mitglied der Waffen-SS geworden zu sein, bestreitet aber, als Wachmann in Auschwitz fungiert zu haben. Seinen Angaben zufolge diente er in der Nähe von Auschwitz in der Feldartillerie der Waffen-SS und desertierte später von der Einheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg emigrierte der heute 89-Jährige, der als Sohn einer Amerikanerin in der Tschechoslowakei geboren wurde, 1952 in die USA.

Anwalt: "Er war nie ein Nazi"

Der Anwalt Dennis Boyle verwies auf den schlechten Gesundheitszustand seines Mandanten: Dieser leide unter Demenz und habe Herzprobleme. Nach seiner ersten Nacht im Gefängnis sei er gebrechlich und verwirrt vor Gericht erschienen.

"Er bestreitet jegliche Verwicklung in Kriegsverbrechen", sagte Boyle. "Er war nie ein Nazi." Sein Mandant sei zum Kriegsende in sowjetischer Gefangenschaft gewesen. "Er war genau so ein Opfer der Nazis wie jeder andere", sagte Boyle. "Er war kein Freiwilliger in der SS, er wollte nicht in der SS sein, er desertierte von der SS." Über eine Auslieferung an Deutschland muss letztlich US-Außenminister John Kerry entscheiden.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/ratz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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