Menschenrechtsorganisation:50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei

Menschenrechtsorganisation: Fischerboote werden in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott entladen. Mauretanien ist eines der Länder, in denen moderne Sklaverei mit am verbreitetsten ist.

Fischerboote werden in der mauretanischen Hauptstadt Nouakchott entladen. Mauretanien ist eines der Länder, in denen moderne Sklaverei mit am verbreitetsten ist.

(Foto: Mey Dudin/dpa)

Die Zahl der Ausgebeuteten sei stark angestiegen, heißt es im Bericht der NGO "Walk Free". Gründe seien der Klimawandel, bewaffnete Konflikte, die Einschränkung von Frauenrechten, aber auch das Verhalten der G-20-Länder: Diese seien über ihre Lieferketten indirekt für die Hälfte aller Opfer moderner Sklaverei verantwortlich.

Die Zahl der Menschen, die zu Opfern moderner Sklaverei werden, ist Schätzungen zufolge in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Das geht aus dem jüngsten Global Slavery Index der australischen Menschenrechtsorganisation Walk Free hervor, der am Mittwoch in London veröffentlicht wurde. Für den Bericht wurde auf die Expertise von Statistikern, Kriminologen, Rechtsanwälten und Entwicklungshilfeexperten zurückgegriffen.

Die Organisation versteht unter moderner Sklaverei alle Verhältnisse, die mit der körperlichen und wirtschaftlichen oder Ausbeutung von Menschen einhergehen. Demnach sind weltweit 50 Millionen Menschen in moderner Sklaverei gefangen - das sind zehn Millionen mehr als noch vor fünf Jahren. Besonders in der Gefahr seien Menschen, die wegen des Klimawandels, Konflikten und intensiver Wetterereignisse ihre Heimat verlassen müssen. Auch eine weltweite Einschränkung der Frauenrechte, sowie wirtschaftliche und soziale Auswirkungen der Corona-Pandemie verschärften die Situation.

Am verbreitetsten ist die moderne Sklaverei dem Bericht zufolge in Nordkorea, Eritrea, Mauretanien, Saudi-Arabien, in der Türkei, in Tadschikistan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Russland, Afghanistan und Kuwait.

Doch auch in den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern der G 20 gibt es viele Menschen, die ausgebeutet werden. Allein in Indien wird dem Bericht zufolge von einer Zahl von elf Millionen ausgegangen; fünf Millionen sind es demnach in China, 1,8 Millionen in Russland, 1,3 Millionen in der Türkei und 1,1 Millionen in den Vereinigten Staaten.

Kritisch sehen die Menschenrechtler auch den Import von Gütern, die häufig in Verhältnissen hergestellt werden, die auf Zwang oder Abhängigkeit basieren. Sogenannte Risikoprodukte werden demnach jedes Jahr im Wert von 468 Milliarden US-Dollar (umgerechnet etwa 434 Milliarden Euro) in die G-20-Staaten importiert. Dazu gehören unter anderem Elektronik, Bekleidung und Palmöl. Die G 20 müssten sich daher über ihre Lieferketten indirekt die Hälfte aller Opfer moderner Sklaverei zurechnen lassen, so die Menschenrechtler.

"Die moderne Sklaverei durchdringt jeden Aspekt unserer Gesellschaft. Sie ist in unsere Kleidung eingewoben, beleuchtet unsere Elektronik und würzt unser Essen", sagte die Gründungsdirektorin von Walk Free, Grace Forrest. Neben Gesetzen, um moderne Sklaverei in Lieferketten zu unterbinden, fordern die Menschenrechtler von Regierungen, die Bekämpfung moderner Sklaverei stärker als bisher bei der humanitären Hilfe und beim Aufbau einer grünen Wirtschaft einzubeziehen.

Bei der Zusammenarbeit mit repressiven Regimen müsse darauf geachtet werden, dass Handel und Investitionen nicht zu staatlich verordneter Zwangsarbeit beitrügen oder davon profitierten. Zudem müssten Kinder, insbesondere Mädchen, besser geschützt werden. Dazu sei eine gute Schulbildung und das Verhindern von Zwangsehen essenziell.

Zur SZ-Startseite
MV Aman_S3

SZ PlusSchifffahrt
:Der letzte Mann an Bord

Fast vier Jahre lang saß Mohammad Aisha auf einem Frachter im Suezkanal fest, weil der Besitzer des Schiffs eine Rechnung nicht bezahlt hat. Eine Geschichte über Einsamkeit und moderne Sklaverei.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: