Mobilität:Stets mobil

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Ein Leben ohne Auto ist auch mit Kind möglich.

Von Stefan Fischer

Wir haben im vergangenen Jahr rund 3000 Euro fürs Autofahren ausgegeben. Alles eingerechnet: Anschaffung, Steuer und Versicherung, Sprit, Reinigung und Reparaturen. Exakt weiß ich es nicht, weil ich nicht Buch führe, schon gar nicht über Park- und Mautgebühren. Und weil die Dezember-Abrechnung von unserem Carsharing-Anbieter noch nicht da ist. Seit 24 Jahren wohne ich in München, seit 23 Jahren habe ich kein eigenes Auto mehr. Seit 20 Jahren sind meine Partnerin, die nie ein eigenes Auto besessen hat, und ich Mitglied bei Stattauto München.

Das eigene Auto abzuschaffen, bedeutete keinen Verzicht, die Entscheidung war zwangsläufig. Denn die alte Studentenkarre und der TÜV, diese Beziehung stand unter keinem guten Stern. Wohin wiederum hätten wir mit einem neuen Gebrauchten fahren sollen? Jetzt, wo wir mit dem Fahrrad und öffentlichen Verkehrsmitteln überall hinkamen, wo wir hinwollten. Ohne dass dies gleich in eine Tagesreise ausgeartet wäre, wie zuvor auf dem Land.

Das ging 13 Jahre lang gut. Für Großeinkäufe, Ausflüge sowie einige Urlaubsfahrten haben wir jeweils ein Auto genommen, im Durchschnitt keine 20 Mal im Jahr.

Dann kam ein Kind. Die Befürchtung war: Jetzt geht es nicht mehr ohne eigenes Auto. Aber natürlich geht es ohne. Auch ein Kind kann Fahrrad und Trambahn fahren. Der Kindergarten, die Schule, der Musikunterricht, die Freunde: alles ums Eck oder maximal ein paar im Zehn-Minuten-Takt angefahrene Haltestellen entfernt.

Wenn wir wollten, könnten wir noch weniger Auto fahren. Manche Touren unternehmen wir aus Bequemlichkeit mit einem Wagen, obwohl man auch einen Zug oder die S-Bahn nutzen könnte. Weil wir dann kein Gepäck schleppen müssen oder flexibler sind oder weil es mit dem Auto schneller geht.

Allerdings haben wir begonnen, wenn möglich Elektroautos zu nutzen. Viele Wege zu Fuß oder mit dem Rad führen uns die Leopoldstraße entlang, Feinstaub ist eine reale Belastung. Die anfängliche E-Auto-Skepsis - Reichweite, Verfügbarkeit von Ladestationen - schwindet allmählich durch immer mehr positive Erfahrungen.

Einen Parkplatz zum Be- oder Entladen vor der eigenen Haustüre zu finden, ist, obwohl wir in Schwabing wohnen, selten ein Problem. Denn von den acht Parteien haben nur zwei ein eigenes Auto - und in den übrigen Häusern der kleinen, nur von Anwohnern genutzten Straße scheint es ganz ähnlich zu sein. In diesen Häusern wohnen übrigens etliche Familien mit Kindern.

© SZ vom 15.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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