Mixa und der Streit um Kinderkrippen:Augsburger Kulturkampf

Die Polemiken von Bischof Walter Mixa stoßen in der Kirche nicht nur auf Ablehnung. Die Mehrheit der Deutschen weiß, dass Eltern keine Rabeneltern sind, wenn sie ihre Kinder einer Krippe anvertrauen

Matthias Drobinski

Walter Mixa, der Augsburger Bischof, vertritt eine Minderheitenmeinung, wenn er den Ausbau von Kinderkrippen unsozial nennt, gar Familienministerin von der Leyen vorwirft, ihre Politik degradiere Frauen zu "Gebärmaschinen". Das sagt keiner seiner Bischofskollegen.

Mixa und der Streit um Kinderkrippen: Am Donnerstag beraten Mixa und seine Kollegen auf ihrer Vollversammlung über Familienpolitik

Am Donnerstag beraten Mixa und seine Kollegen auf ihrer Vollversammlung über Familienpolitik

(Foto: Foto: ddp)

Die Mehrheit weiß, dass Eltern keine Rabeneltern sind, wenn sie ihre Kinder einer Krippe anvertrauen; sie sehen, dass Frauen ihren Beruf ausüben wollen, dass Familien und Alleinerziehende das Geld brauchen. Die katholische Kirche unterhält selber zahlreiche Krippen, sie sind mit den Kinderverwahranstalten früherer Jahre so wenig zu vergleichen wie mit den uniformen Einrichtungen der DDR.

Und trotzdem ist der Vorstoß des ehrgeizigen Bischofs brisant - vor allem innerkirchlich. Nur noch eine Minderheit der Deutschen und erst recht der jungen Familien denkt wie Mixa; selbst die CSU hat ihr Familienbild gründlich modernisiert. In der katholischen Kirche dagegen ist die Minderheit stark, die findet, eine Frau sollte nichts als Hausfrau sein, wenn sie Kinder hat.

Diese Minderheit fühlt sich in die Ecke gestellt und in ihrer eigenen Lebensentscheidung diffamiert. Sie wird aber in einer Kirche, die gerade ihre konservative Seite entdeckt, selbstbewusst und hat in Mixa ein Sprachrohr gefunden: Wer ordentlich draufhaut, wird gehört, lautet dessen Devise.

Sein wichtigster Verbündeter dabei ist Benedikt XVI. Denn der Appell des Papstes, die Kirche solle sich aus der konkreten Politik heraushalten, gilt für die Familienpolitik nicht. Überall, wo es - angeblich - um die Auflösung der traditionellen Familie geht, hat Rom sich eingeschaltet oder die Bischöfe des Landes aufgefordert, politisch aktiv zu werden: in Italien, Spanien, Brasilien.

Ein deutscher Bischof, der hier Bekennermut zeigt, setzt seine Kollegen unter Druck: Wieso kämpft ihr nicht genauso mutig gegen die "Diktatur des Relativismus", die der Papst anprangert? Viele Bischöfe nervt der Alleingang ihres Amtsbruders. Doch der Bischofskonferenzvorsitzende, Kardinal Karl Lehmann, kann sich auch nicht sicher sein, ob alle Bischöfe hinter ihm stehen, wenn er die Emotionen herausnimmt.

Es gibt im Kollegium einen starken Flügel, dem solche Debatten recht kommen, und es dürfte noch komplizierter werden, wenn es um die Finanzierung der Krippenplätze geht. Dann wird es in der Koalition Forderungen geben, das Kindergeld zu kürzen - und dagegen werden sich alle Bischöfe wehren, weil sie dies als Einschränkung der Entscheidungsfreiheit zwischen Hausfrauen- und Erwerbstätigkeit sehen.

Für manchen Kirchenmann ein willkommener Anlass zu erklären, dass die gesamte Familienpolitik falsch ist. Und die gute Gelegenheit, einen Kulturkampf zu beginnen. So wie das jetzt schon Mixa tut: Am Donnerstag beraten seine Kollegen auf ihrer Vollversammlung über Familienpolitik. Der Bischof von Augsburg hat zur gleichen Zeit einen Talkshow-Auftritt - weniger, um die Welt, sondern vielmehr, um seine Kirche zu verändern.

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