Mittelmeer:Ringen um Ressourcen 

Ägypten und Griechenland einigen sich auf eine gemeinsame Wirtschaftszone. Das erzürnt die Türkei, die ihrerseits nach Rohstoffen im Mittelmeer sucht.

Von Tomas Avenarius, Istanbul

Nach einer diplomatischen Verschnaufpause kocht der Streit um die Erdgasreserven im östlichen Mittelmeer wieder hoch. Nachdem Griechenland und Ägypten sich auf eine gemeinsame "ausschließliche Wirtschaftszone" geeinigt haben, verweigert die Türkei die Anerkennung dieser neuen maritimen Grenzen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan sagte: "Dieses Abkommen zwischen Griechenland und Ägypten ist bedeutungslos."

Erdoğan beschuldigte Griechenland, den Geist der durch Bundeskanzlerin Angela Merkel vermittelte Absprache zwischen Ankara und Athen über eine Sondierungspause bei den türkischen Explorationsarbeiten gebrochen zu haben. Er werde Berlin wissen lassen, dass man die Explorations- und Bohrarbeiten nun fortsetze. Das Außenministerium in Ankara erklärte zudem: "Ohne Zweifel wird die Türkei in dem betroffenen Gebiet keine Aktivitäten dulden und die legitimen Belange und Rechte unseres Landes und die der türkischen Zyprioten verteidigen."

Die Anrainerstaaten des östlichen Mittelmeers, allen voran die Türkei, Griechenland, Zypern und Ägypten, streiten erbittert um den Zugriff auf vermutete Gasreserven am Meeresgrund. Die Türkei fühlt sich aufgrund bestehender Grenzen rund um einige der griechischen Inseln und um Zypern benachteiligt. Sie stellt diese maritimen Grenzen und den Verlauf der auf ihnen fußenden Wirtschaftszonen in Frage. Ankara schickt immer wieder von Kriegsschiffen eskortierte Bohrschiffe vor die Küsten Zyperns und griechischer Inseln. Athen reagierte mit der Entsendung eigener Kriegsschiffe. Das führte zu Spannungen; vor knapp zwei Wochen konnten Berlin und Brüssel im letzten Moment vermitteln.

Ägyptens Außenminister Samih Schukri hatte bei der Unterzeichnung des griechisch-ägyptischen Abkommens in Kairo erklärt, dieses erlaube beiden Ländern "die maximale Nutzung" der Ressourcen innerhalb ihrer Wirtschaftszone. Gleichzeitig stellte Athens Außenminister Nikos Dendias klar, dass es türkische Ansprüche ausschließe. Diese werden von Ankara durch ein Abkommen mit der libyschen Regierung begründet. Auch die Türkei und das Bürgerkriegsland Libyen, das keine funktionierende Regierung hat, hatten gegen den Willen der Nachbarn eine Wirtschaftszone festgelegt.

Die Entwicklung ist besorgniserregend. Griechenland hatte sich noch kurz vor der Unterzeichnung des Abkommens mit Kairo zu Gesprächen mit der Türkei bereit erklärt. Athens Außenminister Dendias sagte aber jetzt: Das "nicht-existierende türkisch-libysche Memorandum" sei dort gelandet, wo es hingehöre: "in der Mülltonne".

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