Mittelmeer:Neue Drohungen 

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Frankreich schickt Kriegsschiffe, Erdoğan spricht von Heimtücke: Der Streit im östlichen Mittelmeer spitzt sich zu.

Das Explorationsschiff Oruç Reis legte laut dem türkischen Verteidigungsministeriums in dieser Woche westlich von Antalya ab. (Foto: Turkish Defence Ministry/AFP)

Die Türkei wie auch Griechenland haben am Freitag im Streit um Gebietsansprüche im Mittelmeer ihre Friedfertigkeit bekundet, aber gleichzeitig ihre Provokationen und militärischen Drohgebärden verstärkt. Während Frankreich zur Unterstützung Griechenlands Kriegsschiffe und zwei Kampfjets in die Region verlegte, wollte die Türkei die Bundesregierung in Berlin um Vermittlung bitten.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan warf Griechenland Heimtücke vor und rief zugleich zu Verhandlungen auf. "Die Haltung, die Griechenland in der Ägäis und im Mittelmeer an den Tag legt, ist heimtückisch", sagte Erdoğan in Ankara. Er betonte aber auch: "Der Weg zur Lösung (...) geht über Dialog und Verhandlungen." Wenn man mit "Vernunft und Menschenverstand" vorgehe, könne man eine Formel finden, die die Rechte aller schütze. "Wir sind absolut nicht hinter einem unnötigen Abenteuer her und suchen keine Spannungen."

Macron sei "ein wahrer Freund Griechenlands", sagt Premier Kyriakos Mitsotakis

Griechenlands Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis dankte indes dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron für dessen Ankündigung, mehr Militär in die Region zu schicken. Macron sei "ein wahrer Freund Griechenlands und ebenso ein glühender Beschützer europäischer Werte und des internationalen Rechts", sagte er. Athen forderte die türkischen Schiffe auf, das Gebiete zu verlassen, und schickte weitere Kriegsschiffe. Mitsotakis warnte aber auch vor der "Gefahr eines Unfalls" in der aufgeheizten Situation. Griechenland sei nicht gegen Dialog, "auch nicht den härtesten". Allerdings werde ein Dialog irrelevant "in einem Klima der Spannung und Provokation".

Zur militärischen Eskalation trug vor allem Frankreich mit der Ankündigung bei, seine Militärpräsenz im östlichen Mittelmeer vorübergehend zu verstärken. Die "einseitigen türkischen Aktionen erzeugen Spannungen und müssen gestoppt werden, damit ein ruhiger Dialog starten kann", erklärte Präsident Macron in griechischer Sprache. Der französische Hubschrauberträger Tonnerre befindet sich bereits auf dem Weg nach Beirut, wo er zur Unterstützung der Rettungsmaßnahmen eingesetzt werden soll. Die Fregatte La Fayette übt mit der griechischen Marine und soll ihren Einsatz verlängern. Zwei Rafale-Kampfjets wurden von einer Übung auf Zypern auf einen griechischen Luftwaffenstützpunkt auf Kreta beordert. Macron teilte mit, dass der Einsatz "im Einklang mit Griechenland und anderen europäischen Partnern" beschlossen worden sei. Um welche Länder es sich dabei handelt, sagte er nicht.

Deutschland bemühte sich bereits in den vergangenen Wochen um Vermittlung. Erdoğan kündigte am Donnerstag ein Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel an. Merkel hatte vor einigen Tagen zu einer kurzfristigen Deeskalation beigetragen, ehe die Feindseligkeiten dann wieder aufflackerten. Am Freitag kommen die EU-Außenminister zu einer Videositzung zusammen und werden sich möglicherweise auch zum Konflikt im Mittelmeer beraten.

Anlass der jüngsten Eskalation ist die Erkundungsfahrt des türkischen Forschungsschiff Oruc Reis, das vor griechischen Inseln in der Ostägäis nach Erdgas suchen soll. Dabei bewegt sich das militärisch begleitete Schiff immer wieder durch Gewässer, die von Griechenland beansprucht werden. Gerade erkundet die Oruc Reis den Meeresboden südlich von Rhodos und der kleinen Insel Kastelorizo, die etwa zwei Kilometer vom türkischen Festland entfernt liegt.

Griechenland sieht die Erkundungen als Angriff auf seine Souveränität. Die Türkei spricht Griechenland die territoriale Hoheit in den Gewässern ab. Die Eskalation im vergangenen Monat endete mit einem Abzug des türkischen Erkundungsschiffs, um Gespräche mit Griechenland und Deutschland zu ermöglichen. Die Türkei fühlt sich nun durch ein in der vergangenen Woche geschlossenes Abkommen zwischen Griechenland und Ägypten provoziert. Beide Länder haben die Errichtung einer exklusiven Wirtschaftszone verabredet.

© SZ vom 14.08.2020 / SZ/dpa/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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