Mitt Romney patzt in Interview:"Um die Armen mache ich mir keine Sorgen"

Mitt Romney scheint nach seinem Sieg in Florida niemand mehr aufhalten zu können - außer Mitt Romney. In einem Interview erklärt der republikanische Präsidentschaftsbewerber, dass er sich um die Bedürftigen nicht so sehr sorgt. Seine Begründung wird Obamas Wahlkampfteam gefallen.

Sebastian Gierke

Mitt Romney ist schon einen Schritt weiter. Seinen deutlichen Sieg in Florida, seinen Triumph zu feiern, dafür nimmt er sich kaum Zeit. Er ist jetzt wieder der klare Favorit im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur. Mit 46 Prozent der Stimmen deklassierte Romney seinen ärgsten Rivalen Newt Gingrich, der lediglich auf 32 Prozent kam. "Ich stehe bereit, um die Partei und unsere Nation zu führen", rief Romney seinen jubelnden Anhängern in Tampa zu.

Mitt Romney

Das Lächeln eines eiskalten Kapitalisten? Mitt Romney auf seiner Siegesfeier in Florida.

(Foto: AP)

Demonstrativ tat Romney, als stehe er bereits als Herausforderer Obamas fest: "Meine Führung wird die Ära Obama beenden und ein neues Zeitalter des amerikanischen Wohlstandes beginnen." Schnell machte er sich dann auf in Richtung Nevada, wo bereits in vier Tagen die nächsten Vorwahlen der Grand Old Party stattfinden. Nicht allerdings, ohne zuvor noch ein Interview zu geben, das ihn bis nach Nevada begleiten wird - und bereits für negative Schlagzeilen sorgt.

In einem CNN-Interview sagte Romney, wenn er zum Präsidenten gewählt würde, würde er sich darauf konzentrieren, Jobs und wirtschaftliche Möglichkeiten für die Mittelklasse Amerikas zu schaffen.

So weit, so gut - wahlkampftechnisch. Doch Romney war noch nicht fertig und erklärte weiter: "Um die Armen mache ich mir keine Sorgen." Der CNN-Moderator wirkte etwas verwundert und hakte nach. Das würde doch in den Ohren der Bedürftigen zumindest merkwürdig klingen, oder nicht? Doch Multimillionär Romney hat für seine ziemlich verwegen klingende Annahme natürlich auch eine Begründung: "Die haben ein Sicherheitsnetz."

Er verwies auf Essensmarken, sogenannte food stamps, auf Wohngeld, das in Amerika den Armen in Form von Gutscheinen gewährt wird und Medicaid, einen Gesundheitsdienst für Bedürftige. Immerhin fügte er noch an: "Wir können aber darüber reden, ob das Sicherheitsnetz für die Armen gestärkt werden muss oder ob es darin Löcher gibt."

"Mein Fokus liegt auf den Amerikanern mit mittleren Einkommen"

Was Romney nicht erwähnte: Während der Wirtschaftskrise wurde in den USA auch und vor allem bei den Armen gespart. So wurde Medicaid gekürzt, die Republikaner im Kongress planen außerdem, die Ausgabe von Essensmarken einzuschränken - und das obwohl in der Wirtschaftskrise immer mehr Arme darauf angewiesen sind. Auch Romney tritt in seinem Wahlprogramm für die Kürzungen von Staatsausgaben ein, Einschnitte, die auch Sozialprogramme hart treffen würden.

Außerdem ist die Chance des Aufstiegs zwischen den gesellschaftlichen Klassen, die soziale Mobilität, in den USA mittlerweile schlechter als in vielen europäischen Staaten. Doch Romney spricht unverdrossen davon, wie man in Amerika durch harte Arbeit zu unglaublichem Reichtum kommen kann. Nur in Amerika.

Eine Steilvorlage für Obama

Für das Weiße Haus und Präsident Barack Obama, der in seiner Rede zur Lage der Nation bereits Gerechtigkeit zu einem seiner Hauptthemen im Wahlkampf erklärt hat, dürften Romneys Interviewaussagen auch deshalb eine Steilvorlage sein. Bereits seit Monaten bereiten sich die Demokraten auf Romney als wahrscheinlichsten Gegner bei den Präsidentenwahlen am 6. November vor. Der ehemalige Gouverneur von Massachusetts gilt vor allem deshalb als schwieriger Gegner, weil viele Amerikaner ihm eine hohe Wirtschaftskompetenz zusprechen. Zudem erhält Romney enorme finanzielle Unterstützung durch potente Geldgeber.

US-Vorwahlen der Republikaner

Allerdings gilt er wegen seiner früheren Tätigkeit als Unternehmensberater und wegen seines enormen Vermögens von schätzungsweise einer Viertel Milliarde Dollar auch als angreifbar, als abgehobener Elitist.

Für die Angriffspunkte sorgt er jetzt selbst: "Man muss sich entscheiden", sagte der Mann, der nur knapp 15 Prozent Steuern zahlt, zu CNN. "Man kann sich bei einer Kampagne auf die Reichen konzentrieren - da liegt nicht mein Fokus. Man kann sich auf die Armen konzentrieren - da liegt nicht mein Fokus. Mein Fokus liegt auf den Amerikanern mit mittleren Einkommen. Ich bin besorgt um das Herz von Amerika - die 90 bis 95 Prozent der Amerikaner, die derzeit kämpfen müssen."

Eine Studie, die die Steuerpläne Romney untersuchte, zeigt allerdings: Nicht die mittleren Einkommen würden entlastet, würden Romneys Pläne Realität. Profitieren würden die Reichen. Romney selbst würde mit seinen eigenen Plänen seine eigene Steuerlast um die Hälfte reduzieren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: